Konjunkturteam "Altmark"
Bericht III/2000 vom 10. Juli 2000


Bericht zur Konjunkturlage in den neuen Bundesländern:

Prognose:

Konjunkturindex des Konjunkturteams "Altmark": (Prognose 3. Quartal 2000)

Stabilisierung auf erreichtem Niveau

Tatsächliche und prognostizierte Werte des Indexes der Nettoproduktion in den neuen Bundesländern


Handelsblattindikator: Ost-Barometer legt nochmals zu (Handelsblatt v. 04.07.2000, S.8)


Das Verarbeitende Gewerbe
Die Aussichten für die ostdeutsche Industrie haben sich weiter verbessert. So kletterte das Klimabarometer des IWH's für den Monat Mai auf 54 Zählerpunkte. Hieraus ableitend beurteilen somit drei Viertel aller befragten Unternehmen Ostdeutschlands ihre Geschäftslage mit "gut" oder "eher gut" (WirtschaftsWoche Nr. 25 S.61). Das ifo - Institut überschreibt seinen Bericht mit "Industrie (Ost): Weiter auf Erholungskurs", da alle Befragungsergebnisse im VG nach oben zeigen: Die Lage hat sich genauso wie die Erwartungen verbessert. Selbst die Preiserwartungen haben sich erhöht (ifo Wirtschaftskonjunktur Mai 2000). Dies kann bei der Betrachtung der Zahlen zum Auftragseingang auch nicht verwundern. Immerhin lag der Auftragseingang (Volumen, real) im Mai um 34% über dem Vorjahresmonat. Aus dem Inland kamen 28,1% mehr Aufträge, aus dem Ausland 58,4%. (Pressemitteilung vom 6. Juli 2000 des Bundesministerium für Finanzen). Dies war bei allen Produzenten in etwa ähnlich. Saisonbereinigt sanken die Auftragseingänge von April auf Mai zwar um 4,3% (Deutsche Bundesbank), was konjunkturell bei derzeit hoher Volatilität aber nicht viel besagt.

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Der aussagekräftigere Zweimonatsvergleich (April/Mai) zeigt folgendes Bild: Gegenüber Mai/April 99 stiegen die Aufträge um insgesamt 26,3%. Die Steigerung aus dem Inland betrug 22,1%, die aus dem Ausland 39,1%. In diesem Vergleich konnten die Investitionsgüterproduzenten mit +31,7% am meisten profitieren. Bedenklich scheint jedoch, dass das ifo- Exportklima für die gesamte BRD schon wieder fällt (WirtschaftsWoche 6.7.2000).

Die Bauwirtschaft
Im Osten nichts Neues könnte man die Prognose für den Bau für die kommenden Monate überschreiben. Auch dieser Bericht ist von Pessimismus geprägt. So kommentiert das IWH, dass "keine wesentliche Besserung" erkennbar ist und auch die Sommeraussichten eine weiterhin angespannte Lage erwarten lassen. (IW Halle; Wirtschaft im Wandel 7/2000, S. 218) Ähnlich die Zusammenfassung des Ifo - Instituts: "Nachlassende Skepsis" in Bezug auf die kommenden Monate. Aber auch hier planen 36% der Unternehmungen einen Mitarbeiterabbau. (ifo Wirtschaftskonjunktur 4/2000) Konkrete Zahlen nennt Ignatz Walter, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Er spricht davon, dass in Ostdeutschland mit einem Arbeitsplatzabbau in Höhe von 17.000 Beschäftigten zu rechnen ist, und somit die Zahl der Beschäftigten auf 1,08 Mio sinken wird. Auch weitere Insolvenzen werden erwartet. (Handelsblatt, 18.05.2000) Michael Knipper, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, geht davon aus, dass die Bauinvestitionen um real minus 3%, die Umsätze im Wohnungsbau gar um weitere 4% sinken werden und auch er meint, dass ein weiterer Arbeitsplatzabbau unvermeidlich ist. In diesem Zusammenhang erwähnt er auch leicht steigende Investitionen, die aber für einen Umschwung in diesem Bereich nicht ausreichen.

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Ebenfalls relativ enttäuschend entwickelt sich der Wirtschaftsbau - auch hier ist kein nachhaltiger Aufschwung in Sicht. (Handelsblatt, 26.06.2000) Ausgehend von den saisonbereinigten Zahlen der Deutschen Bundesbank muss festgestellt werden, dass die Auftragseingänge der ersten vier Monate um 11,3% (real: 10,3%) unter dem entsprechenden Vorjahreszeitraum lagen. Tendenziell sind also auch leichte Preisrückgänge feststellbar. Im April lagen die Auftragseingänge (nominal wie real) gar um 20% unter dem Vorjahresniveau. Der Preisdruck kommt auch in den Befragungen des ifo-Instituts zum Ausdruck und ist bei einer gegenwärtigen Auslastung von 64% (Vorjahr: 72%) auch nicht verwunderlich (ifo Wirtschaftskonjunktur Mai 2000).

Angebotsseitige Faktoren
Es wäre denkbar, das die Zinsen unverändert bleiben. Viele Ökonomen und Analysten erwarten jedoch eine oder auch zwei weitere Zinserhöhungen durch die EZB. Wir halten einen Zinsschritt der EZB im Sommer für denkbar, der allerdings nicht höher als 25 Basispunkte ausfallen dürfte, zumal die letzten Zinsschritte in sehr kurzen Abständen erfolgten und auch sehr deutlich waren. Jedoch ist die EZB nicht unabhängig von den Entscheidungen der amerikanischen Notenbank. So gibt es auch Stimmen, die besagen, dass Alan Greenspan die Zinsen nicht mehr erhöht, weil im Herbst die Wahlen für den neuen amerikanischen Präsidenten stattfinden. Doch Greenspan hat schon in der Vergangenheit bewiesen, dass ihn Präsidentenwahlen nicht beeindrucken: Dies zeigte sich bei der Wahl 1992, als er die Zinsen nach einer Minirezession sehr lange hoch hielt und als Folge Clinton Präsident wurde. Greenspan interessiert sich nur für die Schaffung neuer Arbeitsplätze und ein dauerhaftes Wachstum der Wirtschaft. Dabei ist ihm ein Inflationsziel von 2% zu dogmatisch (Wirtschaftswoche 21/00). Eine Angst vor einem Crash-Szenario in den USA sei übertrieben, denn ein Garant dafür ist die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in die Politik der Fed und vor allem in die Person von Greenspan. Eine Position, die eventuell auch der EZB gut tun würde, doch die EZB ist nicht die Deutsche Bundesbank.
Generell zeigen sich Defizite im Bereich der Bezahlung und anderer tariflicher Leistungen für die ostdeutschen Arbeiter und Angestellte auf. Teils werden die Lohneinkommen bei längeren Arbeitszeiten und kürzeren Urlaubszeiten erreicht, teils fehlen die im Westen üblichen Zugaben. Das drückt sich dadurch aus, dass z.B. im Friseurhandwerk und Transport- sowie Verkehrsgewerbe nur 63% der Westvergütung gezahlt werden. Lediglich die Brauerei-Branche bildet mit 101,5% des Westniveaus eine Ausnahme. (Volksstimme, 06.04.00) In der Bauwirtschaft hingegen gibt es eine Ost-West-Einkommenslücke von etwa 30%, gefolgt von den Arbeitern der Textilbranche und des Hotel- und Gaststättengewerbes mit 79,3% und 77,2% des Westniveaus. Das Effektiveinkommen in den neuen Länder hat sich mit 81% im Vergleich zu den westlichen Bundesländern wenig verändert. (Volksstimme, 02.06.00) Da die Lohn- und Gehaltssumme je Arbeitsstunde im Verarbeitenden Gewerbe der Neuen Ländern in den ersten vier Monaten nur um 0,4% gestiegen ist (Eigene Berechnungen Stat. Bundesamt), der Reallohn somit gesunken ist, dürften die Lohnstückkosten bei wachsender Produktivität ebenfalls gesunken sein. Auf eine steigende Wettbewerbsfähigkeit in diesem Sektor lässt auch die Lohn- und Gehaltssumme je Umsatz schließen. Während die Lohnkosten in den ersten vier Monaten 1999 noch einen Anteil im Westen von 73% je Umsatzeinheit ausmachten, lag er im Osten bei 70%. Beide Anteile sanken in den ersten vier Monaten 2000: Im Westen auf 68,6% und im Osten auf 63,2%; im Westen also um rund 6% im Osten hingegen um 9,5% (Eigene Berechnungen Stat. Bundesamt). Dies dürfte die Wettbewerbsfähigkeit der ostdeutschen Unternehmen stärken.





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Herausgeber:

Mitarbeiter des Konjunkturteam "Altmark":
Wruck, M.(Arbeitslosigkeit L+P); Gläser, T. (Bauwirtschaft L); Jacob, R.; Vorpahl, D. (VG P);
Brückmann, B. (Inflation), König, A. ; Schleef, A. (VG L); Wedekind, A.(Löhne L+P); Patzig, W.(Wachstum L+P);
Brattan, M.(Zins L+P); Rosenow, A.(Bau P)
L = Lage und P= Prognose


Redaktion:

Bernd Bückmann, Alexandra Kreusch und Wolfgang Patzig
V.i.S.d.P.:
Prof. Dr. Wolfgang Patzig
Hochschule Magdeburg-Stendal(FH) / Stendal;
Am Dom 13, 39576 Stendal
Tel.: 03931 / 794704; Fax: 03931 / 794700
eMail: Wolfgang.Patzig@stendal.fh-magdeburg.de