Konjunkturteam "Altmark"
Bericht III/2000 vom 10. Juli 2000


Bericht zur Konjunkturlage in den neuen Bundesländern:

Lageanalyse 2. Quartal 2000:

Datenlage
 
 
Aktuelle Daten zur Lage der Neuen Bundesländer: Inflationsrate*
(Lebenshaltung aller priv. Haushalte)
Arbeitslosenquote (Erwerbspersonen insg.)
(nicht saisonbereinigt)
Wachstumsrate des realen BIP*
in Preisen v. 1991
(saisonbereinigt)
Saldo der Leistungsbilanz
(in Mrd. DM)1)
(Gesamtdeutschland))
Zinssatz
(Umlaufsrendite)

(Gesamtdeutschland)

1992 13,5 % 14,5% 7,8 % -22,9 8,1 %
1993 10,5 % 15,1 % 8,9 % -16,1 6,4 %
1994 3,7 % 15,2 % 9,8 % -38,8 6,7 %
1995 2,1 % 14,0 % 5,3 % -29,7 6,5 %
1996 2,2 % 15,7 % 1,9 % -11,9 5,6 %
1997 2,1 % 18,1 % 1,6 % -4,8 5,1 %
1998  1,2 % 18,2 %  2,1 %  -8,0 4,5 % 
1999  0,4 %  17,6 %  0,9 % 3)  -36,4  4,3 % 
2. Quartal 1999 0,4 % 17,0 %   +1,9 3,8 %
3. Quartal 1999 0,4 % 17,4 %   -18,0  4,7 %
4. Quartal 1999 0,6 % 17,2 %   -9,9  5,1 % 
1. Quartal 2000 1,5 % 19,1 %   -8,0 5,4
2. Quartal 2000   17,1 %2)      
April 2000 1,3 % 17,8 %   -3,1 5,3 %
Mai 2000 1,2 % 16,9 %     5,5 %
Juni 2000   16,5 %2)      

Quelle: Deutsche Bundesbank Monatsberichte + saisonbereinigte Wirtschaftszahlen und eigene Berechnungen * Veränderung gegenüber Vorjahreszeitraum
1)Im Rahmen der Revision der Leistungsbilanzdaten von 1999 wurden methodische Änderungen vorgenommen 2)Bundesanstalt für Arbeit Pressemitteilung v. 06.07.00
3) 0,9% mit Berlin und 1,2% Ohne Berlin - Statistisches Landesamt Sachsen- Anhalt Pressemitteilung v. 17.02.00



Verarbeitendes Gewerbe
Wie schon im letzten Bericht vermutet, kommt der Konjunkturaufschwung in Deutschland auch dem Verarbeitenden Gewerbe der Neuen Länder entgegen. Die Umsätze der ersten vier Monate lagen um über 14% über denen des Vorjahreszeitraums.

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Die Auslandsumsätze stiegen im gleichen Zeitraum sogar um über 25%. Natürlich ist der Anteil der Auslandsumsätze an den gesamten mit 20,7% im Vergleich zum Westen noch gering, jedoch liegt er im Vorjahresvergleich um 1,7% Prozentpunkte höher. Die Arbeitsstunden sind im Vorjahresvergleich immerhin um 3,4% gestiegen. Das Beschäftigungswachstum ist angesichts der nach wie vor hohen Arbeitslosigkeit erfreulich. Zwar lag die Zahl der Arbeitsplätze nur um knapp 2.000 über der der ersten vier Monate von 1999 (2,6%), übertraf im April aber den Vorjahreswert schon um 3,2%. Bedenkt man, dass hiermit auch eine Ausdehnung der produktionsnahen Dienstleistungen (vgl. Lage Arbeitsmarkt) verbunden sein kann, so wird dem Arbeitsplatzabbau im Öffentlichen Sektor und der Bauwirtschaft zumindest entgegengewirkt.


Die Bauwirtschaft
"Die Bauindustrie verkommt zur Konjunkturbremse und Arbeitsvernichtungsmaschine." (Handelsblatt, 18.05.2000) Mit diesen Worten von Ignaz Walter, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, lässt sich die Situation der ostdeutschen Bauwirtschaft auch im zweiten Quartal 2000 treffend beschreiben. Noch immer ist das Klima am Bau frostig und von einem anhaltenden Nachfragetief beherrscht. Im April diesen Jahres lag die Baunachfrage um 22,6% unter dem Niveau des Vorjahresmonats. Auch der Beschäftigungsabbau hält weiter an und lag im Mai 2000 mit 124.127 Arbeitslosen um 17,6% unter dem Vorjahresmonat. Der seit Jahren anhaltende Abbau liegt in diesem Jahr bereits jetzt schon unter dem errechneten Jahresdurchschnitt und weitere Arbeitsplatzverluste werden vorausgesagt. Es wird also in diesem Jahr noch mehr Arbeitslose geben als in den vergangenen Jahren. So liegt die Zahl der Beschäftigten in den ersten vier Monaten um 8,8%, die Zahl der Arbeitsstunden sogar um 14,1% und die Umsätze um 6,2% unter dem Vorjahresniveau. (Saisonbereinigte Zahlen der Deutschen Bundesbank)

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Eine weiterhin fallende Tendenz zeichnet sich auch bei dem Gesamtumsatz ab (- 18,8% gegenüber dem Vorjahresmonat April Statistisches Bundesamt, 21.06.2000). Zudem trug auch der anhaltende Tarifkonflikt zum Frust der Ostbauleute bei. Streitpunkte waren dabei vor allem die Erhöhung der Tarif- und Mindestlöhne. Der von Arbeitgeberseite und Gewerkschaften beauftragte Schlichter Heiner Geißler schlug Anfang Mai einen Schlichtungsvertrag vor, welcher schließlich Anfang Juni von beiden Seiten angenommen wurde. (siehe Löhne) Insgesamt betrachtet bleibt die Lage am ostdeutschen Bau im zweiten Quartal unverändert schlecht und zeigt sogar einen weiteren Abwärtstrend.


Angebotsseitige Faktoren
Die EZB hat in den letzten Monaten die Zinsen mehrmals angehoben. Der 14-tägige Mengentender liegt nun bei einem Zinssatz von 4,25%, während er vor drei Monaten noch bei 3,5% lag. Auch die Sätze für das Tagesgeld wurden angehoben und liegen nun bei 3,25% und 5,25%. Die Gründe für diesen deutlichen Anstieg liegen in der möglichen Inflationsgefahr. Gleichwohl haben die Zinserhöhungen durch die amerikanische Fed einen gewissen Einfluss auf die EZB gehabt. Es ist schwierig zu beurteilen, ob die derzeitige Erholung des Euro`s auf die erhöhten Zinssätze in Europa zurückzuführen ist. Denkbar wäre, dass die verbesserten Wachstumsaussichten in Europa, verbunden mit einer Angst vor einem Crash-Landing-Szenario in den USA, den Euro erstarken lassen. Unterdessen ist die Kritik an der EZB sehr deutlich geworden. So ist die Zinspolitik nach wie vor umstritten und wie diese Entscheidungen zustande kommen ist auch ungeklärt. Problematisch sei die Entscheidungsstruktur: Einzelne besitzen zuviel Einfluss auf das EZB-Direktorium. Das Konzept der Geldmengensteuerung sei überholt und ein Inflationsziel solle endlich genannt werden (Wirtschafts-Woche 27/00).
In der Metallindustrie wurde nach den Tarifverhandlungen eine Einigung zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften erzielt. Die 38-Stunden-Woche wird bis Ende des Jahres 2000 festgeschrieben. Um 3% werden in diesem und um 2,1% im nächsten Jahr die Löhne erhöht. Sie liegen aber immer noch bei rund 81% des Westniveaus. (Volksstimme, 12.04.00) Der in Westdeutschland erzielte Abschluss für die Druckindustrie wird in Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg übernommen. Er beinhaltet, dass sich die Löhne und Gehälter bis zum 1. Juli 2000 um 3% und von Juni 2001 bis Juni 2002 um weitere 2,5% erhöhen. (Handelsblatt, 17.05.00) In der Baubranche sieht der Schlichtungsvertrag für das laufende Jahr bei den Tariflöhnen und Gehältern eine Nullrunde vor. Ab 1. April 2001 sollen die Löhne um 1,4% angehoben werden. Die Mindestlöhne werden in diesem Jahr um 2% auf 16,60 DM/Stunde und im Jahr 2001 um weitere 1,6% auf 16,87 DM/Stunde ansteigen. (Volksstimme, 19.05.00) Damit liegt der Ostmindestlohn allerdings immer noch gut 2 DM unter dem westdeutschen Minimum. (Volksstimme, 03.06.00) Das zusätzliche Urlaubsgeld wird um 5% aufgestockt und erreicht 30% des Westniveaus. (Volksstimme, 19.05.00) Auch für den Öffentlichen Dienst wurde im Rahmen von Tarifverhandlungen eine Einigung erzielt. Daraus resultiert, dass für 4 Monate eine Einmalzahlung von insgesamt 400 DM erfolgt, sowie eine Lohnsteigerung für 13 Monate von 2% und für weitere 14 Monate von 2,4% durchgesetzt werden konnte. Im Rahmen der Ost-West-Angleichung sollen die Einkommen in drei Stufen bis 2002 auf 90% des Westniveaus angehoben werden. (Volksstimme, 15.06.00) Für die Beschäftigten der Post, Postbank und Telekom wurden eine Lohn- und Gehaltserhöhung rückwirkend vom 1. April 2000 von 2,3% und ab dem 1. Mai 2001 von nochmals 2,3% durchgesetzt. (Volksstimme, 02.06.00)


 
 
 
 
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Herausgeber:

Mitarbeiter des Konjunkturteam "Altmark":
Wruck, M.(Arbeitslosigkeit L+P); Gläser, T. (Bauwirtschaft L); Jacob, R.; Vorpahl, D. (VG P);
Brückmann, B. (Inflation), König, A. ; Schleef, A. (VG L); Wedekind, A.(Löhne L+P); Patzig, W.(Wachstum L+P);
Brattan, M.(Zins L+P); Rosenow, A.(Bau P)
L = Lage und P= Prognose


Redaktion:

Bernd Bückmann, Alexandra Kreusch und Wolfgang Patzig
V.i.S.d.P.:
Prof. Dr. Wolfgang Patzig
Hochschule Magdeburg-Stendal(FH) / Stendal;
Am Dom 13, 39576 Stendal
Tel.: 03931 / 794704; Fax: 03931 / 794700
eMail: Wolfgang.Patzig@stendal.fh-magdeburg.de