Konjunkturteam "Altmark"
Bericht I/2000 vom 15. Januar 2000


Bericht zur Konjunkturlage in den neuen Bundesländern:

Prognose:

Konjunkturindex des Konjunkturteams "Altmark": (Prognose 1. Quartal 2000)

Vorsichtiger Optimismus

Tatsächliche und prognostizierte Werte des Indexes der Nettoproduktion in den neuen Bundesländern





Das Verarbeitende Gewerbe
Der Wertindex der Auftragseingänge im verarbeitenden Gewerbe der neuen Länder stieg im November vergangenen Jahres saisonbereinigt auf seinen bisherigen Höchstwert von 150,8 (1995=100). So wuchsen die Auftragseingänge insgesamt im November wertmäßig gegenüber dem Vormonat um 8,7 Prozent. Jedoch muss zwischen der Nachfrage aus dem Inland und der aus dem Ausland differenziert werden. So stieg die Nachfrage aus dem Ausland wertmäßig im November 1999 gegenüber dem Vormonat um saisonbereinigte 35,4 Prozent. Die aus dem Inland sank hingegen um 0,6 Prozent gegenüber dem Vormonat Oktober. Und auch der Volumenindex der Auftragseingänge des verarbeitenden Gewerbes der neuen Länder stieg saisonbereinigt im November 1999 gegenüber dem Vormonat um insgesamt 8,3 Prozent. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum bedeutet dies real ein beachtliches Plus von 24,6 Prozent. Die wirtschaftliche Situation der ostdeutschen Industrie hat sich weiter verbessert. Die Schwächephase, die von den Währungs- und Finanzkrisen im internationalen Umfeld ausgelöst wurde, scheint überwunden. Mehr als drei Viertel der Unternehmen beurteilten die geschäftliche Situation mit "gut" oder "sehr gut". Im Sept. 1998 beurteilten 45 von 100 Unternehmen ihre Situation als "sehr gut", wobei es 48 im Nov. 1999 waren. Die Geschäftsaussichten werden für die nächsten 6 Monaten optimistisch eingeschätzt. Die Erwartungen im Investitionsgütergewerbe werden als deutlich positiver betrachtet, während bei den Produzenten von Vorleistungsgütern die Erwartungen sinken. (Udo Ludwig, IWH-Uni-Halle; Wirtschaft im Wandel 16/1999). Im Grund- und Produktionsgewerbe werden die Aufträge als zu klein bezeichnet und die künftigen Geschäftsentwicklungen mit vorsichtigem Optimismus gesehen. Aber eine Wende erwarte man nicht. Die Unternehmen im Verbrauchsgütergewerbe waren zwar mit dem bisherigen Verlauf des Geschäftsjahres zufrieden, aber in bezug auf die künftigen Entwicklungen herrscht verhaltener Optimismus. Ähnlich pessimistisch sieht es im Nahrungs- und Genussmittelgewerbe aus, da die Nachfrage der letzten Monate eher zurückhaltend war (ifo, Wirtschaftskonjunktur 11/99).

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Die Bauwirtschaft
Die Aussichten der ostdeutschen Bauwirtschaft scheinen sich nicht aufzuhellen. Die Auftragseingänge (Volumen, real) lagen im 3. Quartal um fast 14% unter denen des Vorjahresquartals. Der etwas geringere Rückgang von 10,5% im Oktober entschärft die Situation nicht (Deutsche Bundesbank, saisonbereinigt). Die Umfragen des IWH-Institutes in der Bauwirtschaft weisen auf eine "über den Jahreswechsel deutlich starke Abwärtstendenz" hin (Wirtschaft im Wandel Heft 15/99). Das Institut stellte fest, dass "der Nachfragerückgang zunehmend stärker" ausfällt, aber besonders im Wohnungsbau der Angebotsüberhang eine starke Bremse für den ostdeutschen Bausektor darstellt. Das ifo-Institut kommt zu einem ähnlichen Ergebnis, denn die Geschäftserwartungen (für die nächsten 6 Monate) sinken rapide und haben einen vorläufigen Tiefpunkt erreicht. Auch die Erwartungen bezüglich der Baupreise verharren weit im negativen Bereich. (ifo Wirtschaftskonjunktur 11/99). Da in Ostdeutschland nach wie vor starke Überkapazitäten und ein unbarmherziger Konkurrenzkampf herrschen, wird sich die Ertragslage der Unternehmen weiter verschlechtern und bundesweit werden etwa 8000 Unternehmen aufgeben (Stendaler Volksstimme 05.11.99).

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Angebotsseitige Faktoren
Grundlage der Prognose für die wirtschaftliche Entwicklung der BRD war ein Absinken der Lohnstückkosten um 0,4% (Herbstgutachten, S. 37). Geht man von einem Produktivitätsanstieg von etwa 2,6% und einer Inflationsrate von 1,2% für 2000 aus, wären Lohnsteigerungen um die 3,5% verteilungsneutral. Dies schien auch die Forderung der IG-Metall zu sein (Volksstimme 11.1.00). Die jetzigen Lohnforderungen der IG Metall lassen auf den ersten Blick nicht auf moderate Lohnabschlüsse schließen. Dabei wurde bei den Besprechungen zum Bündnis für Arbeit noch der Produktivitätszuwachs als Leitlinie vereinbart. Inwieweit zusätzlich die Inflationsrate berücksichtigt werden soll, war zumindest umstritten. Die Entwicklung in den einzelnen Branchen ist zudem sehr unterschiedlich. Nun fordert die IG Metall immerhin 5,5% und die "Rente mit 60" (Handelsblatt 12.1.2000). Während es überdurchschnittliche Wirtschaftszuwächse im Bereich des produzierenden Gewerbes gibt, muss allerdings im Bereich Bau und Einzelhandel sogar mit Rückgängen gerechnet werden. Nun übernimmt die IG Metall die Lohnführerschaft, so dass auch in anderen Branchen mit höheren Lohnsteigerungen als erwartet zu rechnen ist. So hat sich die HBV den Forderungen von 5,5% angeschlossen (Altmark-Zeitung 13.1.2000). Ob dies die aus dem Tarifverband ausgetretenen Unternehmen Ostdeutschlands stark beeinflusst, scheint fraglich zu sein. Der Deutsche Beamtenbund (DBB) forderte die Anhebung der Ostbezüge im öffentlichen Dienst auf das Westniveau und noch 4% mehr Gehalt unter der Voraussetzung des Erhalts aller Stellen. Bundesinnenminister Otto Schily lehnte die Aufstockung der Ostgehälter vorerst ab, da es der Staatskasse weitere 9 Millionen koste und die Beamten mit 86,5% des Westniveaus über den Durchschnittslohn der Wirtschaft mit 70% liege (Volksstimme, 11.01.00).

An der Zinslandschaft wird sich im nächsten Quartal wohl wenig ändern. Mit dem derzeitigen Umfeld werden die Zinssätze bleiben, wo sie sind. Eine weitere Zinserhöhung ist einfach nicht angebracht, da dies die Konjunktur dämpfen könnte. Auch sei die derzeitige Inflationsrate unterhalb von der EZB definierten Preisstabilität von 2%. Chefvolkswirt Issing betonte, dass die nächsten 4 Monate über den hohen Ölpreis die Inflationsrate ansteigen könnte (vgl. Inflation Prognose). Weiterhin sei die prognostizierte Inflationsrate von 1,5% auch nur dann zu erreichen, wenn in den Tarifparteien Lohnzurückhaltung (vgl. Löhne Prognose) geübt wird (Handelsblatt 11.01.99). Die Bundesbank warnte die Tarifparteien zur Lohnzurückhaltung, denn um die Gefahr einer Inflation zu vermeiden, müssten die Zinsen auch steigen. Trotzdem ist in den nächsten Wochen mit einer restriktiveren Geldpolitik zu rechnen, da sowohl die Fed als auch die EZB im Vorfeld des Y2K-Problems die Finanzmärkte mit reichlich Liquidität ausstattete, was jetzt von den Märkten wieder abgeschöpft wird. Dies kann über die Zinsen geschehen, aber auch über andere Instrumente der Geldpolitik, wie zum Beispiel einen Schnelltender. Die Verknappung des Geldes würde sich dann in höheren Zinssätzen der Kapitalmärkten widerspiegeln. Spannend bleibt die Entwicklung des Euro`s und das Verhalten der europäischen Notenbank, wenn der Euro unter die magische Parität fallen sollte. Ein stabiler Euro wird nicht nur geschaffen über die Zinsen, sondern auch über ausländische Investitionen und Anleger. Und dies dürfte derzeitig der entscheidende Fakt sein. Sollte die massiv vorgetragene Kritik an der Bundesregierung, siehe Herbstgutachten des Sachverständigenrates, endlich Früchte tragen, wäre dies ein durchweg positives Signal für den Investitionsstandort Deutschland.





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Herausgeber:

Mitarbeiter des Konjunkturteam "Altmark":
Wruck, M.(Arbeitslosigkeit P); Schrader, A.;Gläser, T. (Bauwirtschaft L); Jacob, R.; Vorpahl, D. (VG P);
Brückmann, B. (Inflation), König, A. ; Schleef, A. (VG L); Fahldieck, A.(Löhne P); Fehse, N. (Löhne L);
Patzig, W.(Wachstum); Brattan, M.(Zins); Rosenow, A.(Bau P)
L = Lage und P= Prognose


Redaktion:

Bernd Bückmann und Wolfgang Patzig
V.i.S.d.P.:
Prof. Dr. Wolfgang Patzig
Fachhochschule Magdeburg - Stendal;
Am Dom 13, 39576 Stendal
Tel.: 03931 / 794704; Fax: 03931 / 794700
eMail: Wolfgang.Patzig@stendal.fh-magdeburg.de