Konjunkturteam "Altmark"
Bericht I/2000 vom 15.Januar 2000

Bericht zur Konjunkturlage in den neuen Bundesländern:

Das Aktuelle Thema: Länderfinanzausgleich und Solidarpakt

Bundeswirtschaftsminister Müller erklärte in einer Pressemitteilung am 16.7.1999: "Die Priorität für den Aufbau Ost hat die Bundesregierung bereits durch eine Vielzahl wichtiger Entscheidungen und Massnahmen praktisch umgesetzt: So vor allem durch die Zusage, dass der 1993 vereinbarte Solidarpakt bis 2004 hält und rechtzeitig Anschlussregelungen vereinbart werden. …. " Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Länderfinanzausgleich (11.11.1999) verlangt eine Reform des Länderfinanzausgleichs, welche spätestens am 1.1.2005 in Kraft treten muss.
Wir wollen hier nicht spekulieren, welche Regelungen gefunden werden können oder sollen, sondern uns mit der Vergangenheit der Förderung Ostdeutschlands beschäftigen. 1

    

1998 betrugen die Bruttotransfers 189 Mrd. DM und werden 1999 vermutlich eine ähnliche Höhe aufweisen. Der Unterschied zwischen Brutto- und Nettotransfers ergibt sich aufgrund der Einnahmen des Bundes (z.B. Steuern) in Ostdeutschland, die von 33 (1991) auf 48 Mrd. DM (1998) gewachsen sind.
Der Bund bringt mit 139 Mrd. DM (73%) den Löwenanteil auf, während die westdeutschen Länder und Kommunen 11 Mrd. DM beisteuern. Die Höhe der Bruttotransfers sowie die Anteile der Träger sind seit 1995 nahezu konstant. Bei der Verwendung der Mittel dominieren die Sozialleistungen, wobei auch in diesem Falle die Anteile seit 1996 nahezu konstant sind. Hierbei sollte allerdings beachtet werden, dass es sich nicht um eine spezifische "Ostförderung" handelt: "Drei viertel der Transfers, vor allem die Sozialleistungen und allgemeinen Finanzzuweisungen, sind keine Sonderleistungen für den Osten, sondern beruhen auf allgemeineren Rechtsvorschriften, die sich aus den Konstruktionsprinzipien des bundesdeutschen Sozialwesens und des Fiskalförderalismus ergeben."2 Zu diesen rund 140 Mrd. DM, schätzt man, kommt noch ein "Nettokapitalimport" in Höhe von etwa 60 Mrd. DM, so dass sich ein "Leistungsbilanzdefizit" von etwa 200 Mrd. DM ergibt.3 Dies erklärt auch, warum die verfügbaren Einkommen nominell bei 80% des Westniveaus liegen, die Produktivität hingegen bei nur 60%. Die Forderung "Weg mit der Sonderförderung Ost"4 , die von vielen Seiten zu hören ist, heisst konkret: Nicht selektive Ostförderung, sondern gesamtdeutsche Regionalförderung. Grund dafür ist die Tatsache, dass es auch in Westdeutschland vergleichsweise strukturschwache Regionen gibt. Im Osten hingegen lag z.B. die Bruttowertschöpfung je Erwerbstätigen eines Arbeitsamtsbezirks schon 1996 um mehr als 100% über dem ostdeutschen Durchschnitt und damit über dem westdeutschen.5



_________________________________________

1 Wenn nicht besonders vermerkt, ist die Quelle aller Daten: Gesamtwirtschaftliche und Unternehmerische Anpassungsfortschritte in Ostdeutschland;
   Neunzehnter Bericht; in: Forschungsreihe 5/1999 des IW Halle, insbesondere Tabelle 26 und 27 im Datenanhang auf S. XV
2 Paque, K.-H.: Zehn Jahre Aufbau Ost: eine Zwischenbilanz; in: ifo Schnelldienst; 52. Jg., Nr. 34/1999, S. 13
3 Paque, K.-H.: Zehn Jahre Aufbau Ost: eine Zwischenbilanz; in: ifo Schnelldienst; 52. Jg., Nr. 34/1999, S. 13
4 Schmid, K.-P.: Stoßdämpfer mitbestellen; in: Die Zeit; Nr. 42 v. 14.10.1999, S. 32
5 Sachverständigenrat: Jahresgutachten 1999/2000: Wirtschaftspolitik unter Reformdruck; Stuttgart 1999, Tab. 28, S. 78

 
 
 
 
[Seiten Anfang] [vorherige Seite] [Home] [Lage] [Prognose]

Herausgeber:

Mitarbeiter des Konjunkturteam "Altmark":
Wruck, M.(Arbeitslosigkeit P); Schrader, A.;Gläser, T. (Bauwirtschaft L); Jacob, R.; Vorpahl, D. (VG P);
Brückmann, B. (Inflation), König, A. ; Schleef, A. (VG L); Fahldieck, A.(Löhne P); Fehse, N. (Löhne L);
Patzig, W.(Wachstum); Brattan, M.(Zins); Rosenow, A.(Bau P)
L = Lage und P= Prognose


Redaktion:

Bernd Bückmann und Wolfgang Patzig
V.i.S.d.P.:
Prof. Dr. Wolfgang Patzig
Fachhochschule Magdeburg - Stendal;
Am Dom 13, 39576 Stendal
Tel.: 03931 / 794704; Fax: 03931 / 794700
eMail: Wolfgang.Patzig@stendal.fh-magdeburg.de