Konjunkturteam "Altmark"
Bericht IV/2001 vom 16. Oktober 2001

Bericht zur Konjunkturlage in den neuen Bundesländern:

Lageanalyse 3. Quartal 2001:

Datenlage
 
 
Aktuelle Daten zur Lage der Neuen Bundesländer: Inflationsrate*
(Lebenshaltung aller priv. Haushalte)
Arbeitslosenquote (Erwerbspersonen insg.)
(nicht saisonbereinigt)
Wachstumsrate des realen BIP4)
in Preisen v. 1995
(ohne Gesamt-Berlin)
Saldo der Leistungsbilanz
(in Mrd. DM)1)
(Gesamtdeutschland)
Zinssatz
(Umlaufsrendite)

(Gesamtdeutschland)

1993 10,5 % 15,1 % 11,9 % -16,2 6,4 %
1994 3,7 % 15,2 % 11,4 % -38,8 6,7 %
1995 2,1 % 14,0 % 4,5 % -29,7 6,5 %
1996 2,2 % 15,7 % 3,2 % -11,9 5,6 %
1997 2,1 % 18,1 % 1,2 % -4,7 5,1 %
1998  1,2 % 18,2 %  1,0 %  -11,8 4,5 % 
1999  0,4 %  17,6 %  1,4 %   -32,9  4,3 % 
2000  1,7 %  17,4 %  1,1 %  -41,1  5,4 % 
3. Quartal 2000 1,9 % 16,9 %   -20,0  5,5 %
4. Quartal 2000 2,2 % 16,5 %   -17,9  5,3 %
1. Quartal 2001 2,7 % 18,7 %   -1,6  4,9 %
2. Quartal 2001 3,5 % 17,0 %   -4,8  5,0 %
3. Quartal 2001 3,0 % 14,1 %     4,8 %
Juli 2001 3,2 % 17,3 %   -6,1  5,0 %
August 2001 3,0 % 17,1 %     4,8 %
September 2001 2,8 %3)  16,9 %2)     4,7 %

Quelle: Deutsche Bundesbank Monatsberichte + saisonbereinigte Wirtschaftszahlen und eigene Berechnungen * Veränderung gegenüber Vorjahreszeitraum
1)Im Rahmen der Revision der Leistungsbilanzdaten von 1999 wurden methodische Änderungen vorgenommen 2)Bundesanstalt für Arbeit Pressemitteilung v. 09.10.01
3)Statistisches Bundesamt; Mitteilungen für die Presse v. 11.10.01 4)Werte vom Arbeitskreis "Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder"



Das Verarbeitende Gewerbe
In den neuen Bundesländern entwickelte sich die Nachfrage nach Industriegütern besser als im früheren Bundesgebiet. Insgesamt konnte im Monat August eine Steigerung des Auftragsvolumens gegenüber Juli von 4,2% beobachtet werden. Im Juli waren es nur 2,9% im Vormonatsvergleich. Dabei spielten die Aufträge aus dem Ausland eine entscheidende Rolle. So wuchsen sie im August um 8,8%. Im Vormonat war noch eine Negativentwicklung von -3,4% zu verzeichnen. Hervorzuheben sind noch die Investitionsgüterproduzenten. Trotz ihrer tragenden Stellung für die Gesamtnachfrage sank das Wachstum von 15,6% im Juli auf 3,2% im August. Die Konsumgüter zeigten eine, wenn auch leicht schwächer, sinkende Wachstumsrate von -0,8%. Im Juli waren es noch -5,3% (Pressemitteilung BFM, 05.10.01).

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Arbeitstäglich bereinigt zog das Wachstum der Produktion in der Industrie gegenüber dem Vorjahr stark an. So stieg die Gesamtproduktion um 5,4%. Im Juli sank sie noch um -2,1%. Trotz der schlechten Auftragslage bei den Konsumgütern konnte die Produktion im August um 6,2% gegenüber dem Vormonat zulegen. Hierbei hatten die Verbrauchsgüter mit 15,1% den größten Anteil (Pressemitteilung BMF, 09.10.01). Das Verarbeitende Gewerbe konnte im Juli nicht so viele Aufträge vorweisen. Aber auch hier wurde der Negativtrend aus dem Vormonat gestoppt. Mit 5,5% im Juli stiegen die Auftragszahlen aus dem Inland überproportional gegenüber -7,3% des Junis. Aufträge aus dem Ausland sanken weiterhin um -3,3% im Juli (Pressemitteilung BFM, 06.09.01, saisonbereinigte Daten). Insgesamt konnten die neuen Länder (ohne Berlin) im ersten Quartal ihre reale Bruttowertschöpfung um 7,1% gegenüber dem Vorjahr steigern, hingegen die alten Bundesländer nur um 2,3%. Betrachtet man die einzelnen Länder, so lagen Sachsen mit 10,8% gefolgt von Thüringen mit 8,2% an der Spitze. Auch Mecklenburg-Vorpommern zeigte mit 7,5% ein hohes Wachstum. Dagegen konnten Sachsen-Anhalt mit 3,5% und Brandenburg mit 0,9% keine so beeindruckende Entwicklung aufweisen (Pressemitteilung 115/2001 des Statistischen Landesamt Sachsen-Anhalt).


Die Bauwirtschaft
Nach langer Zeit ging es dem "Patienten" Baugewerbe kurzzeitig etwas besser. Festgestellt wurde dies unter anderem durch die IWH-Umfrage vom August 2001, in der sich die Stimmung unter den ostdeutschen Bauunternehmen "leicht gebessert" hat. Sowohl Hoch- als auch Tiefbau vermeldeten eine Erhöhung der Auftragseingänge. Die Rückgänge im Wohnungsbau haben sich etwas abgeschwächt (IWH, 12/2001). Auch konnte eine bessere Geräteauslastung im Bauhauptgewerbe sowohl im Hochbau mit 58% als auch im Tiefbau mit 54% bemerkt werden (ZDB 09/ 2001).

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Leider hielt sich diese positive Stimmung nur im August. Denn bereits im September meldeten sich wieder warnende Stimmen, die von "dramatischen Einbrüchen am Bau" (Volksstimme, 25.09.01) und einer "schwierigen Phase" berichten mussten (Volksstimme, 01.10.01). Die Erwartungen, die sich durch die Sommerreise an den Bundeskanzler und seines "Städtebau Ost" - Projektes knüpften, konnten leider nicht erfüllt werden. Um trotzdem einen kleinen Fortschritt zu forcieren und eine "Kräfte - Bündelung" zu erreichen, gründeten sieben AG-Verbände des ostdeutschen Baugewerbes, u.a. der Bauhauptgewerbe - Verband des Landes Sachsen - Anhalt, am 25.09.2001 die "Vereinigung der mittelständischen Bauwirtschaft Ostdeutschland" (VMBO). Ob dadurch eine schnellere Umsetzung von Hilfsmaßnahmen für die Baubranche und die Verbesserung der Zahlungsmoral erreicht werden, wird die Zukunft zeigen (Volksstimme, 26.09.01).


Angebotsseitige Faktoren
Die gemäßigte Lohnentwicklung in den neuen Bundesländern setzte sich auch im April 2001 - aktuellere Zahlen sind z.Z. nicht verfügbar - fort. So stiegen in den neuen Ländern die Monatsverdienste der Arbeiter im Produzierenden Gewerbe im April 2001 gegenüber dem Vorjahr um 1,9% auf nunmehr 3502 DM brutto (Statistisches Bundesamt, 17.09.01). In den "Altbundesländern" nahm der Verdienst der Arbeiter ebenfalls um 1,9% zu. Jedoch beträgt hier das absolute Monatseinkommen 4780 DM brutto (26,7% über den Verdiensten in den neuen Ländern). Bei den Angestellten im Produzierenden Gewerbe nahmen im selben Vergleichszeitraum für die "Altbundesländer" die Verdienste brutto sogar um 2,9% auf 6994 DM im Monat zu. Zum Vergleich: Die Einkommen der Angestellten in den neuen Ländern stiegen um 3,7% auf brutto 5170 DM, was einem Bruttolohnabschlag von 26% entspräche. Dieses Einkommensgefälle stellt zwar einen Wettbewerbsvorteil dar, birgt aber auch ein immenses Resignationspotential, da sich ein Großteil der Bevölkerung eine "Lohnangleichung" wünscht (siehe aktuelles Thema). Eine ähnliche Entwicklung ist auch im Handels-, Kredit- und Versicherungsgewerbe zu beobachten. Hier stiegen die Bruttomonatsverdienste der Angestellten im April diesen Jahres gegenüber 2000 um 2,7% auf durchschnittlich 4048 DM brutto. Wieder zum Vergleich: Die Angestelltenverdienste in den alten Bundesländern nahmen um 3,1% auf durchschnittlich 5318 DM brutto zu.

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Durch die Terroranschläge wurde der Zinssenkungszyklus der EZB beschleunigt. Der Hauptrefinanzierungssatz für den 14tägigen Mengentender liegt jetzt bei 3,75%. Die Zinssätze für das Tagesgeld liegen jetzt bei 4,75 und 2,75%. Insgesamt wurden im letzten Quartal die Zinsen um 75 Basispunkte gesenkt. Damit ist der Realzins auf einem absoluten Tiefstand seit der Euro-Einführung 1999. Die Zinssenkungen waren getroffen worden, um den Unsicherheiten über die künftige konjunkturelle Entwicklung zu begegnen. Dies geschah vor dem Hintergrund von verringerten Inflationsrisiken. Außerdem blieb der EZB-Rat angesichts der soliden Fundamentaldaten für das künftige Wirtschaftswachstum optimistisch (EZB-Monatsbericht 9/2001). Dennoch ist in den letzten Monaten, sowohl in Europa als auch in den USA, das Verbrauchervertrauen weiter gesunken. Angesichts des sich verzögernden konjunkturellen Aufschwunges in Deutschland, erwägt die Bundesregierung für den Anfang des nächsten Jahres staatliche Ausgabenprogramme zu prüfen, um der Konjunktur zu einem Herbstaufschwung (2002) zu verhelfen.

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Herausgeber:

Mitarbeiter des Konjunkturteams "Altmark" der Hochschule Magdeburg - Stendal (FH):
Jacob, R. (Löhne L+P); Brückmann, B. (Inflation L+P); Schleef, Antje, Schleef, Andreas (VG L+P);
Trombska, D.(Arbeitslosigkeit (L+P); Patzig, W.(Wachstum L+P); Brattan, M.(Zins L+P); Rosenow, A.(Bau L+P)
L = Lage und P= Prognose


Redaktion:

Bernd Brückmann und Prof. Dr. Wolfgang Patzig


Internet:

Antje und Andreas Schleef
V.i.S.d.P.:
Prof. Dr. Wolfgang Patzig
Hochschule Magdeburg-Stendal(FH) / Stendal;
Osterburger Str. 25, 39576 Stendal
Tel.: 03931 / 2187-4823; Fax: 03931 / 2187-4870
eMail: Wolfgang.Patzig@stendal.hs-magdeburg.de