Konjunkturteam "Altmark"
Bericht II/2001 vom 11. April 2001
Bericht zur Konjunkturlage in den neuen Bundesländern:
Lageanalyse 1. Quartal 2001:
Datenlage
Aktuelle Daten zur Lage der Neuen Bundesländer: | Inflationsrate*
(Lebenshaltung aller priv. Haushalte) |
Arbeitslosenquote (Erwerbspersonen insg.)
(nicht saisonbereinigt) |
Wachstumsrate des realen BIP4)
in Preisen v. 1995 (ohne Gesamt-Berlin) |
Saldo der Leistungsbilanz
(in Mrd. DM) (Gesamtdeutschland)) |
Zinssatz
(Umlaufsrendite) (Gesamtdeutschland) |
1993 | 10,5 % | 15,1 % | 11,9 % | -16,2 | 6,4 % |
1994 | 3,7 % | 15,2 % | 11,4 % | -38,8 | 6,7 % |
1995 | 2,1 % | 14,0 % | 4,5 % | -29,7 | 6,5 % |
1996 | 2,2 % | 15,7 % | 3,2 % | -11,9 | 5,6 % |
1997 | 2,1 % | 18,1 % | 1,2 % | -4,7 | 5,1 % |
1998 | 1,2 % | 18,2 % | 1,0 % | -11,8 | 4,5 % |
1999 | 0,4 % | 17,6 % | 1,4 % | -32,9 | 4,3 % |
2000 | 1,7 % | 17,4 % | 1,1 % | -45,0 | 5,4 % |
1. Quartal 2000 | 1,5 % | 19,1 % | -0,9 | 5,4 % | |
2. Quartal 2000 | 1,4 % | 17,1 % | -4,1 | 5,4 % | |
3. Quartal 2000 | 1,9 % | 16,9 % | -21,2 | 5,5 % | |
4. Quartal 2000 | 2,2 % | 16,5 % | -18,7 | 5,3 % | |
1. Quartal 2001 | 2,7 % | 18,7 % | 4,9 % | ||
Januar 2001 | 2,5 % | 18,7 % | -10,3 | 4,9 % | |
Februar 2001 | 2,7 % | 18,9 % | 3,6 | 4,9 % | |
März 2001 | 2,8 %3) | 18,6 %2) | 4,8 % |
Quelle: Deutsche Bundesbank Monatsberichte + saisonbereinigte
Wirtschaftszahlen und eigene Berechnungen * Veränderung gegenüber
Vorjahreszeitraum
1)Im Rahmen der Revision
der Leistungsbilanzdaten von 1999 wurden methodische Änderungen vorgenommen
2)Bundesanstalt für Arbeit Pressemitteilung v. 04.04.01
3)Statistisches Bundesamt; Mitteilungen für die Presse v. 10.04.01
4)Werte vom Arbeitskreis "Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder"
Der durchschnittliche Index im Bau betrug für das Jahr 2000 etwa 73, seit 1995 sank die Bauproduktion also um 27%. Erfreulich hingegen die Entwicklung im VG: Der Index stieg auf etwa 154 im Jahre 2000, was einer 54%igen Steigerung entspricht. Diese Entwicklung zeichnet sich auch für das abgelaufene Quartal ab. Im konjunkturell bedeutsamen Zweimonatsvergleich (Jan./Feb. zum Vorjahr) wiederholt sich obige Feststellung: Im Bauhauptgewerbe sank die Produktion um 15,7%, im Verarbeitenden Gewerbe stieg sie um 13,4%. Da der Anteil des Baus an der Bruttowertschöpfung ab- und der des VG permanent zunimmt, könnte insgesamt noch ein leichter Zuwachs entstehen.Bitte anklicken!
Das Verarbeitende Gewerbe
Das Verarbeitende Gewerbe (VG) zeigt sich weiterhin als die führende Kraft beim Wirtschaftswachstum der
Neuen Bundesländer. Die Produktion sank, nach einem kräftigen Anstieg im Januar von 7,3%, im Februar
um -0,5% im Vergleich zum Vormonatszeitraum. Im Januar stachen besonders die Gebrauchsgüterproduzenten
mit 15,2% hervor (Statistisches Bundesamt, saisonbereinigt). Gegenüber dem Vorjahr steht sogar ein
Wachstum von 42,5% zu Buche. Im Februar waren es immerhin noch 16,2%.
Die Deutsche Bundesbank errechnete für die Neuen Länder einen Produktionsindex für Februar von 168,7
Punkten (1995=100). Damit ist der Index seit 1995 um fast 70% gewachsen. Betrachtet man die Daten der
letzten 4 Jahre, so ist ein kontinuierlicher Anstieg zu beobachten. Die Beschäftigung im VG stieg im
Januar um 2,6% auf 0,617 Mill. Personen. Es wurden 7,4% mehr Arbeitsstunden geleistet. Der Gesamtumsatz
stieg dabei um 22,4% auf 15,2 Mrd. DM. Davon wurden 3,6 Mrd. DM im Ausland erwirtschaftet. Dies
entspricht einer Steigerung von 46,1% (Deutsche Bundesbank - Unternehmen mit 20 und mehr Angestellten).
Nach einer Umfrage des IWH im Januar 2001 sehen die Unternehmen des VG in den Neuen Bundesländern die
Lage eher optimistisch. So sank der Saldo aus positiven und negativen Meinungen zur Geschäftslage um 6
auf 49 Punkte im Vergleich zum November 2000. Zu ihren Geschäftsaussichten äußerten sich 65 Unternehmen
positiv (Summe der Wertungen je Umfrage gleich 100). Diese Steigerung wird hauptsächlich von den
Investitionsgüterproduzenten getragen (Wirtschaft im Wandel 3/2001). Laut IWH gehen mehr als 60%
von einer Steigerung der Umsätze aus. Lediglich 14% rechnen mit einem Rückgang.
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Die Bauwirtschaft
Erneut hat sich die Stimmung am ostdeutschen Bau im ersten Quartal diesen Jahres drastisch
verschlechtert. Infolge des wiederholten Nachfrageeinbruchs im Wohnungsneubau und dem immer
schwächer werdenden öffentlichen Hochbau war somit der größte Rückgang in der Sparte des Hochbaus
zu verzeichnen. Der Tiefbau konnte sich durch den Auftragsschub im öffentlichen Straßenbau leicht
verbessern, wenngleich, wie in allen anderen Sparten auch, die Vorjahreswerte weit unterschritten
wurden (IWH, 02/2001). Der Bauumsatz ist in der Zeit von Januar bis November 2000 um 15,4% gefallen,
das Beschäftigungsminus betrug im gleichen Zeitraum 12%. In den Neuen Ländern und Berlin-Ost wurden
im Jahre 2000 16% weniger Wohnungen fertiggestellt, bei Mehrfamilienhäusern betrug der Rückgang 25%,
bei Zweifamilienhäusern 19% und bei Einfamilienhäusern 8% (Pressemeldung Statistisches Bundesamt,
04.04.01). Ein Vergleich der Januarumsätze mit denen des Vorjahres zeigt ein um fast die Hälfte
eingebrochenes Umsatzniveau in 2001.
Auch der Rückgang bei der Bauproduktion ist immens. Im Vergleich zum Februar 1995 ist die
Bauproduktion im Februar diesen Jahres um 27,1% zurückgegangen. Infolgedessen haben auch die
geleisteten Arbeitsstunden und damit die Beschäftigung um fast 50% gegenüber dem Januar des
Vorjahres abgenommen. Daher auch die Forderung von Gewerkschaftschef Klaus Wiesehügel nach mehr
Anreizen für Investoren. Gerade beim Wohnungsbau, so Wiesehügel, müssten zusätzliche Anreize
bezüglich der Abschreibungsmöglichkeiten für Investoren geschaffen werden. Zudem verurteilte er
auch das niedrige Lohnniveau auf den Ost-Baustellen (Stendaler Volksstimme, 19.02.01).
Diesbezüglich gibt es auch einen Vorschlag der IG BAU für ein "Bündnis gegen Dumping am Bau" an die
Arbeitgeber. Mit dessen Hilfe soll gegen Tarifbrecher und jene, die durch entsprechende Untervergaben
die Billigkonkurrenz mit verursachen, vorgegangen werden (Stendaler Volksstimme, 05.03.01).
Zusammenfassend betrachtet ist also ein Ende der Talsohle noch lange nicht erreicht.
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Angebotsseitige
Faktoren
Die Arbeitsbedingungen in Leiharbeitsfirmen beklagt Wilhelm Adamy, Leiter der Abteilung Arbeitsmarkt
beim DGB. Neben unzureichenden Sozialleistungen und Urlaubsregelungen werden Arbeitnehmer oft noch mit
fehlendem Kündigungsschutz sowie Lohndumping konfrontiert. Im Vergleich zu ihren Kollegen verdienen
Zeitarbeiter bis zu 40% weniger (Stendaler Volksstimme, 01.03.01). Zwischen den Neuen und Alten
Bundesländern bestehen für die Beschäftigten der Bauwirtschaft immer noch deutliche Lohnunterschiede.
Arbeitnehmer in Sachsen-Anhalt verdienen derzeit 83,7% des Westniveaus
(Stendaler Volksstimme, 30.01.01). Für das Produzierende Gewerbe Ostdeutschlands insgesamt liegen nur
Daten für den Oktober 2000 vor. Der durchschnittliche Bruttostundenverdienst eines Arbeiters beträgt
in Westdeutschland 28,80 DM, während im Osten 19,90 DM verdient werden. Die Einkommen betragen 4751
und 3477 DM. Im Bereich Handel, Kredit- und Versicherungsgewerbe verdienen Angestellte 5242 DM im
Westen und 3991 im Osten (Pressemitteilung Statistisches Bundesamt, 19.02.01). Einen Wechsel vom
bisherigen Flächentarif-Modell zu Branchenverträgen für die einzelnen Unternehmensbereiche vollzieht
die Deutsche Bahn AG (Handelsblatt, 27.02.01). Am 19. März 2001 wurde die Vereinigte
Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di gegründet. Sie setzt sich aus den ehemaligen fünf Gewerkschaften
ÖTV, DAG, HBV DPG und IG Medien zusammen (Financial Times, 19.03.01).
Im vergangenen Quartal wurde an der Zinsschraube nicht gedreht. So liegt der Zinssatz für die
Hauptrefinanzierungsgeschäfte bei 4,75%. Die Zinssätze für die Spitzenrefinanzierungsfazilität
und Einlagefazilität liegen bei 5,75% bzw. 3,75%. Als Begründung, für die Beibehaltung der Zinssätze,
wurde auf die Risiken für die mittelfristige Preisstabilität hinsichtlich der beiden Säulen der
geldpolitischen Strategie der Zentralbank hingewiesen. Zum einen ist das Wachstum der Geldmenge M3
zu berücksichtigen, das sich weiter verlangsamt hat.
Das Jahreswachstum vom M3 ging von 5,2% im
Dezember auf 4,7% im Januar zurück. Der gleitende Dreimonatsdurchschnitt für das Wachstum von M3 lag
von November bis Januar 2001 bei 5,0%. Somit liegt das Geldmengenwachstum weiterhin über den Zielwert
der EZB von 4,5%. Bei der zweiten Säule der EZB-Strategie, dem vorgegebenen Inflationsziel von 2%,
liegt die Inflationsrate im EU-Währungsraum bei 2,4% für den Januarmonat 2001 (EZB-Monatsbericht, März
2001). Eine interessante Entwicklung ist derzeitig bei den Hypothekenzinsen zu beobachten. So ist der
Durchschnittszinssatz bei den 10jährigen Hypothekarkrediten, nach dem kräftigen Anstieg in 1999, zum
Jahresanfang 2001 leicht gesunken. Niedrigere Zinsen könnten eine Stütze für das schwächere Baugewerbe
sein.
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Herausgeber:
Mitarbeiter des Konjunkturteams "Altmark" der FH Magdeburg - Stendal:
Wruck, M.(Arbeitslosigkeit L+P); Gläser, T. (Bauwirtschaft L); Jacob, R.; Vorpahl, D. (VG P);
Brückmann, B. (Inflation L+P), König, A. ; Schleef, A. (VG L); Wedekind, A.(Löhne L+P); Patzig, W.(Wachstum L+P);
Brattan, M.(Zins L+P); Rosenow, A.(Bau P)
L = Lage und P= Prognose
Redaktion:
Bernd Bückmann und Wolfgang Patzig
Internet:
Antje Schleef und Andreas KönigV.i.S.d.P.:
Prof. Dr. Wolfgang Patzig
Hochschule Magdeburg-Stendal(FH) / Stendal;
Osterburger Str. 25, 39576 Stendal
Tel.: 03931 / 2187-4823; Fax: 03931 / 2187-4870
eMail: Wolfgang.Patzig@stendal.hs-magdeburg.de