Konjunkturteam "Altmark"
Bericht IV/2000 vom 13. Oktober 2000

Bericht zur Konjunkturlage in den neuen Bundesländern:

Das Aktuelle Thema: Baukrise und Wohnungsleerstand

Wohnungsleerstand in Ostdeutschland und die Krise der Bauwirtschaft sind untrennbare Probleme. Am Beispiel von Sachsen-Anhalt sollen die Folgen für die Bauwirtschaft in ganz Ostdeutschland dargestellt werden.
Das Statistische Landesamt meldet, dass die Auftragsbestände des Sachsen-Anhaltiner Bauhauptgewerbes zur Jahresmitte 2000 um ein Drittel unter dem Vorjahresniveau liegen (Pressemitteilung 111/2000). Die bauhandwerklichen Betriebe des Bau- und Ausbaugewerbes haben zur Jahresmitte ihr Personal im Vergleich zum Vorjahr um 18% reduziert und einen Umsatzrückgang von 16% hinnehmen müssen (Pressemitteilung 112/2000).
Die Umsätze im Bauhauptgewerbe des Landes lagen im Juli um 23%, die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden um 24%, die Zahl der Beschäftigten um 17% und der Auftragseingang um 15% unter dem Vorjahresniveau. Die Ursache für die beschleunigte Talfahrt liegt neben dem Abschluss mehrerer Großprojekte im Tiefbau (Auftragsbestand -35%) auch im Hochbau (Auftragsbestand -30,2%). Welche Ursachen können hierfür verantwortlich gemacht werden:
Einer der maßgeblichen Gründe für die Entwicklung im Hochbau dürfte der Wohnungsleerstand sein. So beträgt die so genannte Wohnungsleerstandsquote der von Wohnungsunternehmen verwalteten Wohnungen in Sachsen-Anhalt 15,1%, in Sachsen 13,5%, in Thüringen 12,5%. In Brandenburg stehen 12,5% der Wohnungen leer und in Mecklenburg-Vorpommern 6,2% (Der Prignitzer 05.09.00). Für Ostdeutschland ergibt sich ein Durchschnittswert von 11%, für Westdeutschland von 2,7%. Für Sachsen-Anhalt bedeutet dies, dass 180.000 Wohnungen leer stehen, für Ostdeutschland insgesamt 1.000.000 (Volksstimme 23.09.00). Kein Wunder also, dass es beim Bau von Mehrfamilienhäusern in Ostdeutschland einen Einbruch von 47% gab. Die Renditen von Mietwohnungen dürften sinken, da auf der einen Seite die Finanzierungskosten - trotz sinkendem Preisindex der Wohngebäude - steigen, auf der anderen Seite aber die Mieteinnahmen sinken. Bei steigenden Nebenkosten (Heizung) stagnieren die Wohnungsmieten in Sachsen-Anhalt seit 1999 und weisen auch im August 2000 noch den gleichen Indexstand wie im Vorjahr auf.
Auch beim Einfamilienhausbau sind die rosigen Zeiten wohl vorüber. Sinkende Erwerbstätigkeit und nach wie vor instabile Beschäftigungsverhältnisse dürften die Eigenheimnachfrage nicht ankurbeln. Weiterer Grund, der besonders langfristig nicht nur das Problem der Wertsteigerungen von Immobilien betrifft, sondern auch die kurzfristige Entwicklung mitbestimmt, ist die Bevölkerungsentwicklung. Sach-sen-Anhalt z.B. zählte zum Jahresende 1999 noch 2,65 Mio. Einwohner (Pressemitteilung 56/2000) und musste 1999 einen Bevölkerungsrückgang von 25.753 hinnehmen, der sich aus einem Geburtendefizit von knapp 12.000 und einem Wanderungsdefizit von etwa 13.000 zusammensetzt. Legt man die Projektion des statistischen Landesamts zugrunde, muss man für das Jahr 2050 von einer Einwohnerzahl von unter 2 Millionen ausgehen (Pressemitteilung 56/2000).
Auch wenn gegenüber derartigen Voraussagen Vorsicht geboten ist, müssen sie bei der Planung der jetzigen Maßnahmen einbezogen werden. Selbst wenn die Projektion nicht zutreffend sein sollte und die Bevölkerung konstant bliebe, bedeutet die Sanierung einer zusätzlichen Wohnung und der Einzug, dass dann eine andere Wohnung leer steht. Saniert man also im Stadtgebiet, besteht die Gefahr, dass das Umland an Bevölkerung verliert. Saniert man am Stadtrand, besteht die Gefahr, dass sich der Leerstand in den Innenstädten erhöht. Es stellt sich also die Frage, ob bei eventuell sinkender Nachfrage, das Angebot erhöht oder reduziert werden sollte.
 
 
 
 
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Herausgeber:

Mitarbeiter des Konjunkturteams "Altmark" der FH Magdeburg - Stendal:
Wruck, M.(Arbeitslosigkeit L+P); Gläser, T. (Bauwirtschaft L); Jacob, R.; Vorpahl, D. (VG P);
Brückmann, B. (Inflation), König, A. ; Schleef, A. (VG L); Wedekind, A.(Löhne L+P); Patzig, W.(Wachstum L+P);
Brattan, M.(Zins L+P); Rosenow, A.(Bau P)
L = Lage und P= Prognose


Redaktion:

Bernd Bückmann und Wolfgang Patzig
V.i.S.d.P.:
Prof. Dr. Wolfgang Patzig
Fachhochschule Magdeburg - Stendal;
Am Dom 13, 39576 Stendal
Tel.: 03931 / 794704; Fax: 03931 / 794700
eMail: Wolfgang.Patzig@stendal.hs-magdeburg.de