Konjunkturteam "Altmark"
Bericht IV/99 vom 14. Oktober 1999


Bericht zur Konjunkturlage in den neuen Bundesländern:

Prognose:

Konjunkturindex des Konjunkturteams "Altmark": (Prognose 4. Quartal 1999)

Hoffnungsschimmer im Produzierenden Gewerbe

Tatsächliche und prognostizierte Werte des Indexes der Nettoproduktion in den neuen Bundesländern





Nachfrageseitige Faktoren
Bei der Interpretation der Entwicklung des BBE-Index läßt sich sagen, dass immer mehr Einzelhändler in das Lager der Optimisten wechseln. Für die nächsten drei Monate hätten sie auch allen Grund dazu, da die Einzelhandelsumsätze mit dem anstehenden Weihnachtsgeschäft saisonbedingt steigen dürften. Was passiert aber nach dem Jahrtausendwechsel? Gibt es die übliche Flaute im Einzelhandel? Es spricht einiges gegen eine steigende Konsumbereitschaft. Die Arbeitslosenstatistik widerspiegelt keine rosigen Zahlen (siehe Arbeitslosenquote) und läßt zukünftig eher sinkende Umsätze erwarten. Auch schmälern die gestiegenen Benzinpreise das Budget für andere Konsumausgaben. Inwieweit sinkende Telefon- und Energiepreise für ein höheres Haushaltsbudget sorgen, muß abgewartet werden. Trotz aller negativen Faktoren kann man davon ausgehen, dass es, wenn auch langsam, aufwärts gehen wird.

Die zunehmende Kapazitätsauslastung im verarbeitenden Gewerbe mit ca. 82% (IFO Wirtschaftskonjunktur) und die gute Geräteauslastung von ca. 73% im Bauhauptgewerbe und im August, trotz sinkender Auftragseingänge, könnte ein Anzeichen sein, dass mögliche Erweiterungsinvestitionen bevorstehen. Auch dürften in der Strombranche Modernisierungsinvestitionen anstehen, um für den liberalisierten Markt konkurrenzfähig zu sein. Unterstützend sollte hierbei die Finanzpolitik der EZB wirken, die dank ihrer Zinspolitik dem konjunkturellen Aufwärtstrend keinen Riegel vorschiebt.

Seitens der Regierung bot Bauminister Klimmt den neuen Bundesländern für die Jahre 2000 bis 2002 ein Ausschußprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit einem Kreditvolumen von weiteren 10 Mrd. DM an. Bedingung sei aber, dass sich die Länder künftig an den Zinssubventionen beteiligen. Im sozialen Wohnungsbau werden die Mittel für das Jahr 2000 600 Mio. DM betragen (Volksstimme, 12.10.99). Aus dem Investitionsfördergesetz "Aufbau Ost" erhalten die neuen Länder weiterhin 6,6 Mrd. DM. 255 Mio. DM stehen den ostdeutschen kleinen und mittleren Betrieben aus dem Sonderprogramm zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation zur Verfügung. Es wird angestrebt, dass die Wirtschafts- und Ostförderung durch einen Verband der Fördermaßnahmen des Bundeshaushaltes mit den Wirtschaftsfördermaßnahmen der KfW, der Deutschen Ausgleichsbank und des ERP-Sondervermögens einheitlich neu gestaltet wird (BMF August 1999). In den Jahren 2000 und 2002 wird in zwei Stufen eine Steuersenkung für Arbeitnehmer und Familien sowie für den Mittelstand angestrebt. Der Eingangssteuersatz soll, nach Vorstellung der Regierung, auf 19,9% und der Spitzensteuersatz auf 48,5% gesenkt. (BMF August 1999) Die große Unternehmenssteuerreform strebt der Staat im Jahr 2001 an.

Laut Befragungen des BDI (90% aller Exportunternehmen des BDI Mitgliedsverbandes) rechnet die ostdeutsche Exportwirtschaft mit einem weiter steigenden Ausfuhrvolumen. Gerade Exportunternehmen der Sektoren Maschinenbau (KBA-Planeta AG, MAN Takraf Fördertechnik GmbH), der Chemischen Industrie (Bayer Bitterfeld GmbH, BASF Schwarzheide GmbH) und des Elektrotechnik-Sektors haben sehr gute Erwartungen für das kommende Quartal (Handelsblatt 16.09.99). Wesentlich zurückhaltender äußert sich die Automobil- bzw. Zulieferindustrie (Adtranz Deutschland GmbH Hennigsdorf, Opel Eisenach GmbH) was nach den Wachstumsraten der letzten Monate nicht überbewertet werden sollte. Der Auftragseingang aus dem Ausland stieg im Juni/Juli gegenüber dem Vorjahr um 8,5% für das verarbeitende Gewerbe der neuen Bundesländer (Handelsblatt 29.09.99). Für die Vorleistungsgüterproduzenten lag das Wachstum der Auftragseingänge saisonbereinigt im Juli gegenüber dem Vorjahr bei 5,4% (Pressemitteilung des BMF 08.09.99).

Die Bauwirtschaft
Der Anpassungsprozeß in der ostdeutschen Bauwirtschaft sollte sich auch im 4. Quartal 1999 fortsetzen. Die Bautätigkeit dürfte im Zuge des Prozesses auf ein Niveau zurückgehen, welches niedriger als im Boom der Wendejahre liegt. Auch das Ifo-Institut betrachtet die Zukunft des ostdeutschen Baus eher pessimistisch. In ihrer Prognose gehen sie von einem Rückgang von 2-4% im Wirtschaftsbau sowie 2-3% im Wohnungsbau aus. Dagegen sollte der öffentliche Bau ein Plus von ca. 2% aufweisen, so das Institut. Auch der Präsident des Zentralverbandes des deutschen Baugewerbes Fritz Eichbauer rechnet für das kommende Jahr mit einer 2,5%igen Abnahme der Bautätigkeit, sowie einem Personalabbau von rund 15000 Beschäftigten. Eine Prognose, die bei Erfüllung auch den Arbeitsmarkt belasten dürfte. Somit bleibt nur abzuwarten, ob die Jahrtausendwende auch eine positive Wende am ostdeutschen Bau bringen wird.

Angebotsseitige Faktoren
Nach drei Jahren moderater Lohnentwicklung hat sich der Lohnanstieg in diesem Jahr spürbar beschleunigt. Die Entlastungen durch die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge werden durch die stärkeren Lohnsteigerungen überkompensiert (HWWA-Institut Hamburg, 9/99). Für Gesamtdeutschland wird für 1999 eine Steigerung der Bruttoverdienste von +1,9% erwartet, die sich im Jahr 2000 auf +1,2% abschwächen sollte (Wirtschaftskammer Österreich, 09.07.99).
Der sachsenanhaltinische Ministerpräsident sprach sich für einen Zeitplan bei der Angleichung der Einkommen im öffentlichen Dienst aus. Da die Ost-Einkommen in etwa 86% des Westniveaus haben, schlug Höppner vor, "die Ost-Gehälter sieben Jahre lang um jeweils zwei Prozentpunkte anzugleichen und zwei Jahre dafür zu nutzen, die Arbeitszeit von 40 auf 38 Sunden zu reduzieren. Dann hätten wir es in neuen Jahren geschafft" (Altmark-Zeitung 14.10.99). "Nach Berechnungen des Magdeburger Finanzministeriums würde die sofortige Angleichung an die Westgehälter rund 650 Millionen Mark extra pro Jahr kosten. Derzeit liegen die Personalkosten des Landes bei 5,3 Milliarden Mark" (Volksstimme v. 14.10.99).

Die Zinsen bleiben zunächst stabil (Handelsblatt 8.10.99). Mit dem Verzicht der EZB, eine Leitzinserhöhung durchzuführen, handelt diese im Sinne der Industrie und steht einer weiteren Konjunkturbelebung nicht im Weg. Jedoch dürfte die Entwicklung der Zinsen in den nächsten Monaten sehr spannend sein. Der nächste Zinsschritt wird eher eine Erhöhung sein, um mittelfristig ein inflationsfreies Wachstum zu gewährleisten (Duisenberg). Viele Analysten gehen davon aus, dass der letzte Zinsschritt rückgängig gemacht wird. Dies würde eine Erhöhung um 50 Basispunkte bedeuten. Weitere Zinsschritte, um bis zu 50 Basispunkte, werden für das nächste Jahr prognostiziert (Handelsblatt 25.08./14.09.99). In der Debatte um den Haushalt 2000 betonte Finanzminister Hans Eichel, dass er alles daran setze, die Zinsen niedrig zu halten. Eine Zinserhöhung dürfte den Euro gegenüber dem US-Dollar und YEN stärken. Das könnte nicht im amerikanischen Interesse sein, da die USA ihr Wachstum durch den Kapitalimport finanzieren. Dagegen hätte wahrscheinlich die Bank of Japan wenig gegen einen schwächeren YEN einzuwenden. Eine Anhebung der Zinsen seitens der EZB könnte einen Kapitalabfluss nach Europa nach sich ziehen. Ein stärkerer Euro würde die Exportchancen senken. Daher dürfte die EZB in Absprache mit den amerikanischen und japanischen Notenbanken ihre Zinserhöhungen durchführen.




Aktualisierter Prognosespiegel für 1999 und 2000 (Neue Bundesländer):

Bundesregierung: 2-2,5% Wirtschaftswachstum (Sozialpolitische UmschauNr. 110 v. 22.03.1999)nach
2,0% Wirtschaftswachstum
(Handelsblatt 07.01.1999)
IG Metall: 2,7% Wirtschaftswachstum (Handelsblatt 24.12.98)
Sachverständigenrat: 2,0% reales Wachstum (Handelsblatt 24.12.1998)

Die Forschungsinstitute:

Insgesamt: 2,0% Wachstum des realen BIP (Fruehjahrsgutachten der Forschschungsinstitute 27.04.1999) nach:
2,3% Wachstum des realen BIP (Herbstgutachten der Forschschungsinstitute 16.10.1998) und:
2,0% Wachstum des realen BIP fÜr 2000
(Frühjahrsgutachten der Forschungsinstitute 12.04.1999)
DIW: 0,8% Witschaftswachstum (Süddeutsche Zeitung 07.01.1999) nach:
2,2% Wirtschaftswachstum
(DIW Wochenbericht 27/98)
HWWA: 2,4% Wirtschaftswachstum (Handelsblatt 24.12.1998) nach:
2,7% Wirtschaftswachstum
(HWWA-Info 15/98)
Ifo: 1,5% Wirtschaftswachstum (Süddeutsche Zeitung 18.12.1998) nach:
2,5% Wirtschaftswachstum
(Wirtschaftkonjunktur 7/98)
IfW (Kiel): 2,7% Wirtschaftswachstum (Handelsblatt 24.12.1998)nach:
2,5% Wachstum des realen BIP
(Handelsblatt v. 21.09.1998)
IWH: 2,0 % Wachstum des BIP (Wirtschaft im Wandel 9-10/1999 S.23)
2,3 % Wirtschaftswachstum (Wirtschaft im Wandel 1/1999 S.3) nach:
2,6% Wachstum des realen BIP
(Wirtschaft im Wandel 9-10/98) und:
2,5% Wachstum für 2000
(Wirtschaft im Wandel 9-10/99 S.23)
RWI:2,4% Wirtschaftswachstum (Handelsblatt 02.03.99) nach:
2,5% Wirtschaftswachstum
(Handelsblatt 24.12.1998)nach:
3,5% Wachstum des BIP
(Handelsblatt v.26.02.98)und:
3,2% Wachstum des BIP für 2000
(Handelsblatt 02.03.98)
IW (Köln):2% Wirtschaftswachstum (iwd Nr.1, 07.01.1999)

Die Banken:

Commerzbank: 1,6% Wachstum des realen BIP(Konjunkturdaten BRD 3/99) nach:
2,8% Wachstum des realen BIP
(Konjunkturtrend Februar 1998)und:
2,3% Wachstum des BIP für 2000 (Konjunkturdaten BRD 3/99)
DB-Research:2,5% Wachstum des BIP (Handelsblatt v. 04.06.98, S.6)
NordLB: 1,9% Wachstum des BIP und
2,8% Wachstum des BIP für 2000
(Wirtschaftslage Februar 99 Nord/LB)
WestLB: 2% Wachstum des realen BIP (16.04.99 http://www.westlb.de)und
2,5% Wachstum des realen BIP für 2000
(16.04.99 http://www.westlb.de)




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Herausgeber:

Mitarbeiter des Konjunkturteam "Altmark":
Wruck, M.(Arbeitslosigkeit); Schrader, A.;Gläser, T. (Bauwirtschaft); Jacob, R. (Export);
Brückmann, B. (Inflation); Bradler, F. ; Braunsdorf, K.;Klingner, D. (Investitionen);
König, A. ; Schleef, A. (Konsum);
Fahldieck,A.;Fehse, N. (Löhne); Schulze, M.;Vorpahl, D. (Staat);
Patzig, W.(Wachstum); Brattan, M.; Klingner, D. (Zins)


Redaktion:

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