Konjunkturteam "Altmark"
Bericht IV/98 vom 17.Oktober 1998


Bericht zur Konjunkturlage in den neuen Bundesländern:

Prognose:

Konjunkturindex des Konjunkturteams "Altmark": (Prognose 4. Quartal 1998)

Weiterhin Wachstumsschwäche im Osten

Tatsächliche und prognostizierte Werte des Indexes der Nettoproduktion in den neuen Bundesländern



Nachfrageseitige Faktoren
Trotz der bedrückenden Lage steigt die Hoffnung der Einzelhändler. Die Kaufkraft ist abhängig von der Arbeitslosenzahl und vom Lohnniveau. Der Optimismus der Händler begründet sich in der sinkenden Quote am Arbeitsmarkt (Handelsblatt, 04.08.98). Weiterhin wird im Jahr 1999 nominal 1,5% mehr Umsatz erwartet. Die angekündigte Steuerreform und die Erhöhung des Kindergelds läßt die Hoffnung zu, daß die Konsumausgaben und darunter der Umsatz des Einzelhandels steigt (Handelsblatt,17.09.98 ). Doch es gibt auch pessimistische Prognosen. So werden Gewinneinbußen erwartet. Mittelfristig erwarten die Einzelhändler keine Änderung bei der Kundenzahl und beim Umsatz (Handelsblatt,17.08.98).

Die konjunkturellen Bedingungen lassen auch weiterhin auf eine Wachstumsdynamik bei den Ausrüstungsinvestitionen hoffen. Vorausgesagt werden für das kommende Jahr 7,8% Steigerung. Grund dafür sind höhere Ge- winnerwartungen sowie der Druck aufgrund der gestiegenen Kapazitätsauslastungen ( Handelsblatt, 14.07.98). Der technische Fortschritt, Neugründungen von Firmen und eine Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit erzeugen für die Zukunft eine Notwendigkeit, in Ausrüstungsgütern zu investieren. Voraussetzung, um das Investitionsklima im Inland zu stabilisieren, ist eine dringend erforderliche Entlastung durch die Steuerreform (Handelsblatt, 01.10.98).

Einen Kurswechsel in der staatlichen Ausgabenpolitik hat das DIW “dringend” angemahnt. Das DIW schätzt, daß die Einnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden 1998 um 3,5% und die Ausgaben um 1,5% steigen. Für 1999 prognostiziert das Institut ein Defizit aller Gebietskörperschaften von 70 Mrd. DM, dabei nehmen die Einnahmen um 3% und die Ausgaben um 2% zu. Basis für diese Schätzungen sei ein erwartetes nominales Wirtschaftswachstum von je 3,5% sowie Lohnzuwächse von 1,7%-2,7% im Westen und 0,2%-2,4% im Osten (Handelsblatt, 02.09.98). Außerdem appellierte das DIW an die neuen Länder, ihren Kommunen mehr Investitionsmittel zu geben, da sie der Hauptinvestor der öffentlichen Hand seien. Laut DIW haben die Ost-Länder und Kommunen ihre Investitionen seit 1994 von 22,2 auf 17,2 Mrd. DM zurückgeführt. Der Haushaltsentwurf der Landesregierung Sachsen-Anhalt für das Jahr 1999 sieht drastische Einsparungen vor. Vorgesehen ist es die Neuverschuldung auf 1,8 Mrd. DM zurückzuführen. Gewerkschaften und kommunale Spitzenverbände warnen vor Kürzungen im Sozial- und Bildungsbereich (Volksstimme, 07.10.98 ). Der kommende Haushalt beträgt rund 20,6 Mrd. DM. Die Ausgaben sinken gegenüber dem Vorjahr um 400 Mio. DM. Davon stehen für die Gemeinschaftsaufgabe zur Förderung der regionalen Wirtschaft 700 Mio. DM bereit. “Künftig müssen in erster Linie Investitionen der Klein- und Mittelbetriebe gefördert werden”, laut Höppner. Städte und Gemeinden müssen mit Kürzungen von 200 Mio. DM im Finanzausgleichsgesetz rechnen. Weiterhin sollen Gelder für die Arbeitsmarktförderung um 82 Mio. DM zurückgeführt werden. Die Steuerreform der zukünftigen Regierung soll in drei Stufen in den Jahren 1999, 2000 und 2002 vollzogen werden. Die Steuerlast für Bürger und Betriebe soll hierbei auf 54 Mrd. DM gesenkt werden. Zum 1.1.1999 soll die Anhebung des Grundfreibetrages von 13.020 DM beibehalten werden. Das Kindergeld erhöht sich für das erste und zweite Kind auf 250 DM und das Existenzminimum wird auf 13.000 DM erhöht. Der Eingangssteuersatz sinkt von 25,9 auf 23,9%. Die Körperschaftssteuer auf einbehaltene Gewinne soll von 45 auf 40% und der Spitzensatz auf gewerbliche Einkünfte von 47 auf 45% sinken (Volksstimme, 12.10.98).

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Aufgrund der gestiegenen Auftragseingänge, kann davon ausgegangen werden, daß auch zum Jahresende sich die Exportindustrie Ostdeutschlands positiver als der Gesamtmarkt entwickeln wird. Jedoch sollten die sich immer noch negativ auswirkenden Defizite wie mangelnde Marktkenntnisse und Marktstrategien beachtet werden. Auch ist die von vielen ostdeutschen Exportunternehmen betriebene Preispolitik mit Vorsicht zu bewerten. Auch die Russlandkrise könnte noch einige “Überraschungen” für die hier ansässigen Exportunternehmen bereithalten. Des weiteren ist das Dollar-DM-Wechselkursverhältnis zu beachten, welcher wieder zur positiven Entwicklung beitragen könnte (stabile Notierung über 1.60 DM).

Die Bauwirtschaft
Während man Ende August noch der Ansicht war, das ostdeutsche Baugewerbe findet allmählich aus der Flaute heraus (Handelsblatt, 29.08.98), spricht man Anfang September von einer Abwärtsspirale. Diesem Abwärtstrend will der Landesbezirk der IG Bau mit einem “Acht Punkte Forderungskatalog” an die Landes- und Bundespolitik entgegenwirken. Durch die Verzahnung von tarifpolitischen Mitteln und ordnungspolitischen Eingriffen soll die Krise im Bau bewältigt werden. Unter anderem fordert die IG Bau die Neuauflage des Infrastrukturprogrammes für das Land. Außerdem sollen die bis zum Jahr 2001 bereits geplanten öffentlichen Baumaßnahmen vorgezogen werden. Schließlich fordert der Katalog eine Änderung der Vergabepraxis von öffentlichen Aufträgen (Volksstimme, 01.09.98). Laut Ifo wird sich die Baukonjunktur erst ab 1999 erholen, da der Bedarf bei der Modernisierung des Wohnungsbestandes und der öffentlichen Infrastruktur noch immer sehr hoch sei (Handelsblatt,05.09.98). Der Auftragskuchen am Bau wird kleiner, die Verteilungskämpfe härter. Ein Ende des Strukturwandels, hin zu kleineren Unternehmenseinheiten, ist nach Auffassung des Hauptgeschäftsführes der Bauindustrie, Eberhard Vogt, nicht in Sicht: “Die Bauwirtschaft ist dringend auf öffentliche Aufträge angewiesen.” Vogt appelliert an die Unternehmen, die Erweiterung und Erschließung neuer Geschäftsfelder anzugehen, um im Markt bestehen zu können (vgl. aber auch die Auftragseingang in Graphik Bauwirtschaft Lage).

Angebotsseitige Faktoren
Aufgrund des Wechsels der Regierungsspitze wird voraussichtlich kein Kombilohn in Betracht kommen, da sich die SPD ja schon im Vorfeld dagegen aussprach (Handelsblatt, 28.07.98 ). Ebenso ist es ungewiß, ob das Petersberger Steuerreformkonzept der CDU noch in Angriff genommen wird. Danach sollte der Sozialversicherungsbeitrag von derzeit 42 % auf 40 % gesenkt werden ( Handelsblatt, 03.09.98). Die IG Metall fordert 6,5% mehr Lohn und kündigt ein Ende der Lohnzurückhaltung an.

Wir rechnen weiterhin mit heftigen Diskussionen um die Zinsen. Turbulenzen in den Emergin Markets mit weitreichenden Folgen für die Weltwirtschaft, sind nicht auszuschließen und durchaus denkbar. Da sich auch für Deutschland die Zeichen einer Konjunkturabschwächung verdichten, ist eine Zinssenkung nicht unbedingt von der Hand zu weisen. Zumal viele Beobachter auf Zinssenkungen durch die FED setzen, da sich die Konjunktur in den USA merklich abkühlt. Die Bundesbank würde einschreiten und die Zinsen senken, wenn sich de- flationäre Tendenzen in Deutschland mehren. Selbst auf massivsten internationalen und politischen Druck von außen, hat die Bundesbank in den letzten Jahren einen strikten Unabhängigkeitskurs gefahren. Bundesbank-Chef Tietmeyer betonte in einem Artikel, das “die Geldpolitik keine Probleme löse, die in der Finanz-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik entstanden seien.” (Handelsblatt, 9./10.10.98 ). Weiterhin äußerte er sich besorgt über die zukünftige politische Einflußnahme auf das System der EZB. In Großbritannien, hat sich inzwischen ein inverse Zinsstruktur herausgebildet (WirtschaftsWoche, Nr. 41, 01.10.98 ). Dies wird im allgemeinen als Vorbote einer Rezession gewertet. Die Differenz zwischen den langfristigen und den kurzfristigen Zinsen hat sich auch in Deutschland verringert. Eine geringere Differenz stellt nicht das Problem dar, doch sollte die Entwicklung der Zinsen in Deutschland im Auge behalten werden.

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Aktualisierter Prognosespiegel für 1998 (Neue Bundesländer):

Bundesregierung: 2% Wachstum des realen BIP (Sozialpol. Umschau Nr 254 v. 8.6.98nach:
nicht mehr als 2% Wachstum des realen BIP (Südd. Zeitung v. 11.3.98)
DIHT:real etwa 2% Wirtschaftswachstum (Volksstimmev.26.02.98)
Interministerialer Arbeitskreis "Gesamtwirtschaftliche Vorausschätzung"
2,5% Wachstum des realen BIP (Wirtschaftsdaten Neue Länder 11/97 S.6)
IW (Köln): 2,3% Wachstum des realen BIP (Südd. Zeitung v. 28.11.1997)
ohne die Kriese in der Bauwirtschaft 5%

Sachverständigenrat: 2¼ % reales Wachstum (Jahresgutachten des SVR 1997/98 v. 15.11.97)

Die Forschungsinstitute:

Insgesamt: 1,9% reales Wirtschaftswachstum (Frühjahrsgutachten der Forschschungsinstitute 12.5.98) nach:
2,4% reales Wirtschaftswachstum
(Herbstgutachten der Forschungsinstitute, DIW Wochenbericht 44/97) und: 2,5% reales Wirtschaftswachstum für 1999(Frühjahrsgutachten der Forschungsinstitute 12.5.98)
DIW: 2,1% Witschaftswachstum (DIW Wochenbericht 27/98) nach:
2% Wirtschaftswachstum
(Handelsblatt von 19.2.1998,S.8) und:
2,2% Wirtschaftswachstum für 1999
(DIW Wochenbericht 27/98)

HWWA: 2,4% Wachstum des realen BIP (Volksstimme v. 18.12.97) nach:
3% Wachstum des realen BIP
(Handelsblatt v. 17.7.1997, S. 4)
Ifo: 2,1% Wirtschaftswachstum (Wirtschaftskonjunktur 7/98) und:
2,5% Wirtschaftswachstum für 1999
(Wirtschaftkonjunktur 7/98)
IfW (Kiel): 1,5% Wachstum des realen BIP (Handelsblatt v. 21.9.1998)nach:
1,6% Wachstum des realen BIP
(Handelsblatt v. 30.6.1997)und:
2,5% Wachstum des realen BIP für 1999
Handelsblatt v. 21.9.1998)

IWH: 2,0 % Wachstum des BIP (Wirtschaft im Wandel 9-10/98) nach:
2,4% Wachstum des BIP
(Südd.Zeitung v. 22.12.97) und:
2,6% Wachstum des realen BIP für 1999
(Wirtschaft im Wandel 9-10/98)
RWI:2,5% Wachstum des realen BIP (Volksstimme v. 17.08.98)nach:
2,75% Wachstum des BIP
(Handelsblatt v.26.02.98) und:
3% Wachstum des BIP für 1999
(Volksstimme 17.8.98, S. 15)nach:
3,5% Wachstum des BIP für 1999
(Handelsblatt v. 26.2.1998)

Die Banken:

Commerzbank: 2,8% Wachstum des realen BIP (Konjunkturtrend Februar 98)und:
2,8% Wachstum des realen BIP für 1999 nach:
3% Wachstum des realen BIP
(Konjunkturtrend 11/12.97 v. 18.11.97)
DB-Research:: 2% Wachstum für 1998 (Handelsblatt v.4.6.1998, S.6) und:
2,5% Wachstum für 1999

WestLB: 2,½% Wachstum des realen BIP (1.12.97 http://www.westlb.de)
und 3% Wachstum des realen BIP für 1999




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Herausgeber:

Mitarbeiter des Konjunkturteam "Altmark":
Brattan, M. (Zins); Fehse, N.(Löhne); Brückmann, B. (Inflation); Bredl, G. u. Jacob, R. (Export)
Helmecke, K.(Investitionen);Schernikau, K.(Konsum); Schulze, M. u. Vorpahl, D. (Staat)
Wruck, M. (Arbeitslosigkeit); Patzig, W.(Wachstum); Schrader, A. u. Gläser, T. (Bauwirtschaft)


Redaktion:

Dipl. Volkswirt Nothnagel, J.

V.i.S.d.P.:

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Fachhochschule Magdeburg / Stendal; Fachhochschule Altmark i.G.,
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