Bericht zur Konjunkturlage in den neuen Bundesländern:
Prognose:
Konjunkturindex des Konjunkturteams "Altmark":
(Prognose 3. Quartal 2002)
Leichte Erholung
Das Verarbeitende Gewerbe
Die zukünftige konjunkturelle Entwicklung des Verarbeitenden Gewerbes wird zunehmend
von der weltweiten Nachfrageentwicklung geprägt. Der Anteil der Auslandsumsätze
an den gesamten Umsätzen hat mittlerweile 24% (1996 noch etwa 12%) erreicht.
Die Abhängigkeit von der Auslandsnachfrage (Nachfrage von außerhalb der Bundesrepublik)
wird also größer. Betrachtet man die Auftragseingänge, die Auskunft über kurzfristige
Tendenzen geben, kann man für die letzten fünf Monate im Vergleich zum Vorjahreszeitraum
eine Steigerung von nominell 2% (Werte) und real 3% (Volumen) feststellen. Während
die Inlandsnachfrage mit -2,8% mehr als lahmt, stieg die Auslandsnachfrage ebenfalls
real um 12,6%. Die aktuelle Befragung des IW Halle (Wirtschaft im Wandel 9/2002)
zeigt, dass die Geschäftslage im Mai 02 (Index = 32) zwar besser als im März
02 (26), aber wesentlich schlechter als im Mai 01 (53) eingeschätzt wird. Ähnliches
gilt für die Erwartungen: Mai 02 (40); März 02 (39) und Mai 01 (56). Zu entsprechenden
Ergebnissen kommt das ifo-Institut (Ifo Konjunkturperspektiven 6 / 2002) in
seiner Juni-Befragung: Die Kapazitätsauslastung ist auch im ersten Quartal 02
(seit dem Höchststand im 2. Quartal 2000) weiter gesunken. Die Geschäftslage
wird nach wie vor negativ eingeschätzt. Die Erwartungen haben nach ihren Tiefstständen
im September und November (-30) wieder positive Werte (Mai +15, Juni + 10) erreicht.
Diese zuversichtlicheren Erwartungen regten auch die Produktionsplanung an.
Wie schon bei den Auftragseingängen deutlich geworden, rechnen die Unternehmen
mit weiteren Preisrückgängen. Die Analyse zeigt, dass die Lage im VG nicht erfreulich
ist, die Unternehmen aber dennoch zuversichtlich in die Zukunft sehen.
Die Bauwirtschaft
Bei der letzten Konjunkturumfrage der HWK Halle für das 2. Quartal 2002 gingen
48% der befragten Unternehmen davon aus, dass sich die Geschäftslage im Bauhauptgewerbe
gleichbleibend gestalten wird. Im Ausbaugewerbe stuften 46% der Unternehmen
ihre Erwartungen als sehr niedrig ein, und nur 13% meinten, die Lage würde sich
verbessern. Auch der Auftragsbestand in beiden Branchen wurde mit 33% als sinkend
und im Ausbaugewerbe von nur 22% als steigend eingeschätzt (Konjunkturumfrage
HWK Halle). Positiv zu vermerken ist allerdings, dass noch vor 6 Monaten 42%
der vom ifo-Institut befragten Unternehmen davon ausgingen, das sich der Personalabbau
weiterhin fortsetzten würde, wohingegen im Juni "nur" 29% der an der Umfrage
teilnehmenden Unternehmen davon ausgingen, dass mehr Leute entlassen werden
müssen.
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Positive Meldungen kommen vom Tiefbau, wo sich der Himmel weiter "aufhellen"
soll. Besonders der Straßenbau verbreitet hier Optimismus. Der Auftragsbestand
wurde im vergangenen Jahr von 51% und nun im Juni von 44% der befragten Unternehmen
als hinderlich eingestuft; die Auslastung der Maschinen ist mit 66% auch mit
steigenden Erwartungen verbunden. Die Auftragsbestände können ebenfalls mit
einer Reichweite von 2,1 Monaten sowohl im Straßen- als auch im Tiefbau eine
positive Tendenzen aufzeigen (ifo-Konjunkturperspektiven 06/2002).
Angebotsseitige Faktoren
Geht man die jüngsten Tariflohnabschlüsse durch, gelten die Erhöhungen
mit kleinen Unterschieden für Ost und West gemeinsam: Bau in etwa 3,2%, Chemie
3,3%, Druck 3,4% und Papier 3,4%. Insofern wird sich auch im internationalen
Vergleich kaum etwas an der Stellung der beiden Gebiete bezüglich der Arbeitskosten
ändern. Wie das IW Köln berichtet (iw-trends 2/2002) liegt Westdeutschland bezüglich
der Arbeitskosten - zumindest im Verarbeitenden Gewerbe - auf Platz 1. Mit 26,16€
nimmt der Westen den Spitzenplatz unter 20 Industriestaaten ein. Ostdeutschland
rangiert mit 16,86€ auf dem 15. Platz. Wie sich die Tariflohnerhöhungen in Ostdeutschland
tatsächlich auswirken, lässt sich bei sinkender Tarifbindung nur schwer abschätzen.
1999 hatten 43% der Beschäftigten keinen Tarifvertrag, 74% der Betriebe unterliegen
im Osten keiner Tarifbindung. Die Zahl der Beschäftigten, die keinem Tarifvertrag
hatten, nahm 2000 auf 45% zu (DGB Einblick). Frau B. Laschke vom IW Halle kommt
nach einer Befragung ostdeutscher Industrieunternehmen zu dem Ergebnis, dass
2001 33% der Unternehmen (nach 32% in 2000) einem Flächentarifvertrag angehören.
Der Anteil der Unternehmen ohne Tarifvertrag sank von 49% auf 35%. Interessant
ist die Erhöhung des Anteils der Firmen mit Haus- oder Firmenvertrag von 19%
(2000) auf 32% im Jahr 2001.
Eine Zinserhöhung durch die EZB in diesem
Jahr halten Analysten für sicher. Obwohl sich die Verbraucherpreise im letzten
Monat positiv entwickelt haben, gehen Experten und der EZB-Rat davon aus, dass
die durchschnittlichen Inflationserwartungen für dieses Jahr bei 2,2% liegen
und damit über der EZB-Definition von Preisstabilität. Grund für diese Einschätzung
ist das hohe Wachstum der Geldmenge M3. Mit Besorgnis reagierte die EZB auf
die hohen Tarifabschlüsse vor allem in Deutschland, denn damit erhöht sich ihrer
Meinung nach der Inflationsdruck.
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Über die Auswirkungen der Eurokursentwicklung sind
Experten geteilter Meinung. Der Wirtschaftsweise Bert Rürup sagte im einem Reuters
- Interview, dass bis zu einem Kurs von 1,10 US-$ der Euro "kein Konjunkturkiller"
sein wird (Handelsblatt, 01.07.02). Wolfgang Wiegard, Vorsitzender des Sachverständigenrats
zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, hält eine Beschleunigung
der Dollarabwertung hingegen für den zum Jahresende erwarteten Aufschwung für
gefährlich (Handelsblatt, 01.07.02). Äußerungen von amerikanischen und englischen
Politikern zu einem möglichen Angriff gegen den Irak stärken die Erwartungen
auf einen steigenden Rohölpreis und damit zu einer steigenden Inflationsgefahr.
Die derzeitigen Aussichten deuten daher auf eine Zinserhöhung zum Quartalsende
hin an.
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Herausgeber:
Mitarbeiter des Konjunkturteams "Altmark" der Hochschule Magdeburg - Stendal (FH):
Jacob, R. (Löhne L+P); Brückmann, B. (Inflation L+P); Schleef, Andreas (VG L+P);
Trombska, D.(Arbeitslosigkeit L+P); Patzig, W.(Wachstum L+P); Röbbig, A.(Zins L+P); Rosenow, A.(Bau L+P)
L = Lage und P= Prognose
Redaktion:
Bernd Brückmann und Prof. Dr. Wolfgang Patzig
Internet:
Antje und Andreas SchleefV.i.S.d.P.:
Prof. Dr. Wolfgang Patzig
Hochschule Magdeburg-Stendal(FH) / Stendal;
Osterburger Str. 25, 39576 Stendal
Tel.: 03931 / 2187-4823; Fax: 03931 / 2187-4870
eMail: Wolfgang.Patzig@stendal.hs-magdeburg.de