Konjunkturteam "Altmark"
Bericht II/98 vom 15.April 1998


Bericht zur Konjunkturlage in den neuen Bundesländern:

Prognose:

Konjunkturindex des Konjunkturteams "Altmark": (Prognose 2. Quartal 1998)

Weiterhin Wachstumsschwächeim Osten

Tatsächliche und prognostizierte Werte des Indexes der Nettoproduktion in den neuen Bundesländern



Nachfrageseitige Faktoren
Wie schon beim Wachstum (s.o.) erwähnt, werden auch im 2. Quartal kaum positive Impulse vom Konsum ausgehen. Berücksichtigt man, daß etwa 45% der Ostdeutschen netto im Monat 1800 DM und weniger (Volksstimme v. 31.3.98) zur Verfügung haben, kann man kaum Hoffnung darauf setzen, daß ein Rückgang der Sparquote in dieser Einkommensklasse den Konsum erhöht. Hohe Realeinkommensteigerungen (s. Löhne) sind nicht in Sicht, wenn auch im Oktober die Bruttomonatsverdienste im Produzierenden Gewerbe um etwa 2% über denen des Vorjahres lagen (Stat. BA v. 9.3.98). Im Bereich Handel, Versicherungen lagen sie um etwa 3% darüber. Auch von einer Erhöhung der Erwerbstätigkeit ist nicht auszugehen. Allein die Senkung des Solidaritätszuschlages und eine mögliche Senkung der Krankenkassenbeiträge (Volksstimme v. 28.3.98) könnte etwas mehr Geld in die Kassen der Konsumenten bringen. Letzteres kommt aber dadurch zustande, daß die Privaten nun direkt mehr zuzahlen müssen (Südd. Z. v. 27.2.98)

Die Neuen Bundesländer und ihre Kommunen verfügen über weniger Geld und beschneiden deshalb den nötigen Investitionsetat. Immer noch fehlt es an ausländischen Investoren (Handelsblatt v. 4.3.98). Es zeichnet sich ein „Ausstieg Ost" statt eines „Aufbau Ost" ab. Aber es wird nicht ausbleiben, daß aufgrund der Globalisierung der Wirtschaft und des zunehmenden Konkurrenzdruckes Investitionen in die Ausrüstung erforderlich sein werden. Eine Erhöhung der Produktivität im Rahmen des „Re-engineering" wird immer mehr zum Standard. So spielen die Investitionen weiterhin eine wichtige Rolle in der Unternehmenspolitik.

Die Mehrwertsteuererhöhung des Staates zum 1. April wird die Ausgaben der Privaten zusätzlich belasten. Für die Investitionsförderung insbesondere in Ostdeutschland teilte das Bundeswirtschaftsministerium mit, daß für dieses Jahr ein Bewilligungsrahmen von Bund-, Länder- und EU-Hilfen von 6,4 Mrd. DM zur Verfügung steht. Dies sind allerdings 0,2 Mrd. DM weniger als im Vorjahr. Insgesamt sind Nettotransfers in Höhe von etwa 139 Mrd. DM für 1998 geplant, so daß ein ähnliches Volumen (140 und 141) wie in den Vorjahren erreicht wird. (Sozialpolitische Umschau v. 23.3.98). Ebenso soll die Förderung für den Wohnungsbau ausgebaut werden (Handelsblatt v. 11.02.98). Auf Länderebene bleibt es beim „Sparkurs" (Handelsblatt v. 16.3.98). Wahrscheinlich müssen sogar die Ausgaben für Investitionen leicht sinken. Die zunehmende Gesamtverschuldung der Neuen Länder bei nach wie vor geringer Steuerdeckungsquote (etwa 50%, alte Länder etwa 70%) zwingen dazu. So übersteigt die Gesamtverschuldung in Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt mittlerweile das Haushaltsvolumen (Handelsblatt v. 16.3.98).

Der Anteil der ostdeutschen Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes am Gesamtexportumsatzvolumen der BRD fällt auch Anfang 1998 mit 3% sehr bescheiden aus. Die Gründe dafür sind nach neuesten Untersuchungen zum einen die immer noch zu hohen Preise (47% der Befragten nennen dies als Hauptgrund), zum anderen wird immer öfter die fehlende Erfahrung bei ausländischen Ausschreibungen (39%) bzw. Schwächen im Kundendienst (37%) und Probleme mit der Vertragsgestaltung (23%) genannt (Wirtschaftswoche Nr.13/19.3.98). Es werden zwar innovative Produkte hergestellt, aber die Vermarktung im Inland als auch im Ausland fällt den ostdeutschen Unternehmen immer noch sehr schwer. Auch ließ das Vertrauen des Verarbeitenden Gewerbes in den Neuen Ländern mit Blick auf das zukünftig zu erwartende Exportgeschäft nach. Dieser Trend hält nun schon seit Herbst 1997 an und eine Besserung scheint nicht in Sicht (Wirtschaftswoche v. 26.3.98). Aufgrund der Unsicherheiten der zukünftigen Exportentwicklung geben Haschke und Ludwig vom IWH (Wirtschaft im Wandel 4/98) zu bedenken, daß es trotz der Euphorie riskant sei, wenn „die Unternehmen jetzt vorrangig ihr Heil in der Fixierung auf die Auslandsmärkte suchen" würden. „Gerade die Exportproduktion unterliegt besonders dem konjunkturellen Auf und Ab.

Die Bauwirtschaft
Trotz der anhaltend schlechten konjunkturellen Lage prognostizierte das Münchener Ifo - Institut für Wirtschaftsforschung aufgrund seines Bau-Investitionstests für 1998 eine achtprozentige Erhöhung der Bauinvestitionen. (auf 2,0 - 2,1 Mrd DM) Die Talsohle sei durchschritten (Volksstimme 6.2.98). Ganz gegenteiliger Meinung jedoch ist das IWH. Danach wird die derzeitige Talfahrt wahrscheinlich noch bis zum Jahr 2000 anhalten.

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Mit einem Rückgang der Bauinvestitionen um 3,5%, einem jährlichen Verlust von 30.000 Arbeitsplätzen, sowie dem Konkurs von 15% der Baubetriebe sei zu rechnen. (Handelsblatt, 13.02.1998) Auch der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) erwartet einen neuen Tiefpunkt - man spricht von einem Rückgang der Bauinvestitionen um 4%, Ignaz Walter sogar von 4,5 %. Weiterhin rechnet er mit einem Verlust von 100.000 Arbeitsplätzen für das kommende Jahr (Handelsblatt v. 17.03.1998). Auch die Befragungen des IWH deuten in diese Richtung. Das Stimmungsbarometer „Geschäftslage" nahm im Februar den zweitschlechtesten Wert (-19) seit Befragungsbeginn an. Zum ersten Mal wurden die „Geschäftsaussichten" in einem Februar mit -4 negativ beurteilt. (IWH Wirtschaft im Wandel 5/1998). Die konjunkturelle Flaute wird auch in diesem Jahr nicht überwunden werden können. (Handelsblatt v. 17.03.1998)

Angebotsseitige Faktoren
Die Zinsen werden auch im 2. Quartal 1998 keinen größeren Schwankungen unterliegen. Zentralbankratsmitglied Ernst Welteke sieht derzeit keinen Grund, einen Zinsschritt egal in welche Richtung vorzunehmen (Reuters 7.4.98). Von Seiten der Inflationsrate (s. Prognose) besteht für eine Erhöhung wohl auch kein Grund. Da die Geldmenge zuletzt sehr moderat – an der untersten Grenze des Geldmengenzielkorridors der Deutschen Bundesbank (Deutsche Bundesbank Monatsbericht März 1998) – wuchs, dürften auch keine Erwartungen steigender Inflationsraten aufkommen. Es sieht so aus, daß sich die Zinssätze der europäischen Nachbarn im Rahmen der Euro - Einführung dem deutschen Niveau anpassen werden. Da in den USA wieder eher mit einer konjunkturellen Stagnation gerechnet wird, scheint dort eine Zinsstagnation bzw. -senkung wahrscheinlicher als eine Zinserhöhung der FED. Somit ist auch für die BRD ein günstiges Umfeld geschaffen.

Die zukünftige Entwicklung der Löhne wird wohl weiterhin von der Lage auf dem Arbeitsmarkt und den Auseinandersetzungen um den Flächentarifvertrag geprägt sein. So lehnt z.B. die IG-Metall den neuen Arbeitgeberverband Ostmetall der Elektro- und Metallindustrie ab (Volksstimme v. 25.3.98). Ostmetall würde allerdings nur etwa ein Drittel der Branchenbetriebe und rund die Hälfte der Beschäftigten vertreten (Handelsblatt v. 19.3.98). Ob Lohnzurückhaltung wirklich der entscheidende Wettbewerbsvorteil der Neuen Länder sein wird, wie er zuletzt beim Hearing der Wirtschaftswissenschaftler der Uni Magdeburg diskutiert wurde (Volksstimme v. 7.4.98), wird sich dann in der Zukunft herausstellen müssen. Auch die weiteren Abschlüsse dürften auf dem Niveau des öffentlichen Dienstes liegen. Hier wurden die Löhne um 1,5% und um 1,5%-Punkte auf 86,5% des Westniveaus angehoben (Volksstimme v. 28.3.98).



Aktualisierter Prognosespiegel für 1998 (Neue Bundesländer):

Bundesregierung: nicht mehr als 2% Wachstum des realen BIP (Südd. Zeitung v. 11.3.98)
DIHT:real etwa 2% Wirtschaftswachstum (Volksstimmev.26.02.98)
Interministerialer Arbeitskreis "Gesamtwirtschaftliche Vorausschätzung"
2,5% Wachstum des realen BIP (Wirtschaftsdaten Neue Länder 11/97 S.6)
IW (Köln): 2,3% Wachstum des realen BIP (Südd. Zeitung v. 28.11.1997)
ohne die Kriese in der Bauwirtschaft 5%

Sachverständigenrat: 2¼ % reales Wachstum (Jahresgutachten des SVR 1997/98 v. 15.11.97)

Die Forschungsinstitute:

Insgesamt: 2,4% reales Wirtschaftswachstum (Herbstgutachten der Forschungsinstitute, DIW Wochenbericht 44/97) nach: 2% reales Wirtschaftswachstum (Frühjahrsgutachten der Forschungsinstitute)
DIW: 1,7% Witschaftswachstum (Handelsblatt v. 7.1.98, S. 7) nach:
1,5% Wirtschaftswachstum
(DIW Wochenbericht 27/97)
HWWA: 2,4% Wachstum des realen BIP (Volksstimme v. 18.12.97) nach:
3% Wachstum des realen BIP
(Handelsblatt v. 17.7.1997, S. 4)
IfW (Kiel): 2,8% Wachstum des realen BIP (Handelsblatt v. 26.6.1997)
IWH: 2,4 % Wachstum des BIP (Südd. Zeitung v. 22.12.97) nach
2,8% Wachstum des BIP
(Handelsblatt v. 21.7.97)
RWI:2,75% Wachstum des realen BIP (Handelsblatt v.26.2.98)nach:
2,5% Wachstum des BIP
(Handelsblatt v.13./14.12.97) nach:
2,5% Wachstum des BIP für 1998
(FAZ v. 15.7.97, S. 15)
für 1999 3,5% Wachstum des BIP
(Handelsblatt v. 26.2.1998) nach:
4% Wachstum des BIP
(Handelsblatt v. 13./14.12.97)

Die Banken:

Commerzbank: 3% Wachstum des realen BIP (Konjunkturtrend 11/12.97 v. 18.11.97)
WestLB: 2,½% Wachstum des realen BIP (1.12.97 http://www.westlb.de)
und 3% Wachstum des realen BIP für 1999




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Herausgeber:

Mitarbeiter des Konjunkturteam "Altmark":
Brattan, M. (Zins); Markus, J. (Löhne); Brückmann, B. (Inflation); Jacob, R. (Export)
Klinger, D. (Investitionen); König, A.(Konsum); Vorpahl, D. (Staat)
Wruck, M. (Arbeitslosigkeit); Patzig, W.(Wachstum); Gläser,T. (Bauwirtschaft)

V.i.S.d.P.:

Prof. Dr. Wolfgang Patzig
Fachhochschule Magdeburg / Stendal; Fachhochschule Altmark i.G.,
Am Dom 13, 39576 Stendal
Tel.: 03931 / 794704; Fax: 03931 / 794700
eMail: Wolfgang.Patzig@stendal.hs-magdeburg.de