Konjunkturteam "Altmark"
Bericht I/2001 vom 17. Januar 2001


Bericht zur Konjunkturlage in den neuen Bundesländern:

Lageanalyse 4. Quartal 2000:

Datenlage
 
 
Aktuelle Daten zur Lage der Neuen Bundesländer: Inflationsrate*
(Lebenshaltung aller priv. Haushalte)
Arbeitslosenquote (Erwerbspersonen insg.)
(nicht saisonbereinigt)
Wachstumsrate des realen BIP*
in Preisen v. 1995
(ohne Gesamt-Berlin)
Saldo der Leistungsbilanz
(in Mrd. DM)1)
(Gesamtdeutschland))
Zinssatz
(Umlaufsrendite)

(Gesamtdeutschland)

1993 10,5 % 15,1 % 10,1 % -16,2 6,4 %
1994 3,7 % 15,2 % 11,3 % -38,8 6,7 %
1995 2,1 % 14,0 % 5,0 % -29,7 6,5 %
1996 2,2 % 15,7 % 2,5 % -11,9 5,6 %
1997 2,1 % 18,1 % 1,0 % -4,8 5,1 %
1998  1,2 % 18,2 %  0,7 %  -8,0 4,5 % 
1999  0,4 %  17,6 %  1,5 %   -35,4  4,3 % 
2000  1,7 %  17,4 %      5,4 % 
4. Quartal 1999 0,6 % 17,2 %   -8,1 5,1 %
1. Quartal 2000 1,5 % 19,1 %   -2,6   5,4 % 
2. Quartal 2000 1,4 % 17,1 % 1,7 %4)  -8,3 5,4 %
3. Quartal 2000 1,9 % 16,9 %   -8,0  5,5 %
4. Quartal 2000 2,2 % 16,5 %     5,3 %
Oktober 2000 2,0 % 16,1 %     5,5 %
November 2000 2,4 % 16,3 %     5,4 %
Dezember 2000 2,2 %3)  17,2 %2)     5,1 %

Quelle: Deutsche Bundesbank Monatsberichte + saisonbereinigte Wirtschaftszahlen und eigene Berechnungen * Veränderung gegenüber Vorjahreszeitraum
1)Im Rahmen der Revision der Leistungsbilanzdaten von 1999 wurden methodische Änderungen vorgenommen 2)Bundesanstalt für Arbeit Pressemitteilung v. 09.01.01
3)Statistisches Bundesamt; Mitteilungen für die Presse v. 11.01.01 4)Wert für das 1. HJ. 2000; alle Werte vom Arbeitskreis "Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder"



Das Verarbeitende Gewerbe
Das 4. Quartal 2000 spiegelt einen günstigen Verlauf der Konjunktur im Verarbeitenden Gewerbe wieder. So konnte im Oktober ein Gesamtumsatzwachstum von 10,3% gegenüber dem Vorjahresmonat erreicht werden.

Bitte anklicken!
Das Wachstum der Auslandsumsätze hatte hieran einen Anteil von 43% (Statistisches Bundesamt 14.12.2000). Im November gab es eine gleichbleibende Steigerungsrate der Produktion von 11,1% im Vergleich zum Vorjahr. Somit setze sich die Entwicklung vom September (+11%) und Oktober (+11,4%) fort. Besonders hervorzuheben sind hierbei die Vorleistungsgüterproduzenten mit einer Steigerung von 16% (16,3% im Oktober) und die Investitionsgüterproduzenten mit 11,1% (7,4% im Oktober) (Bundesministerium der Finanzen 08.01.2001 - Verän-derungen gegenüber Vor-jahr, arbeitstäglich bereinigt). Die Investitionsgüterproduzenten konnten ihre Produktion im November gegenüber dem Oktober um 5,8% steigern. Die Verbrauchsgüterproduzenten haben jedoch mit einen Rückgang von 6,8% zu kämpfen (Statistisches Bundesamt - saisonbereinigt). Die Auftragslage hatte eine zwiespältige Tendenz. So sanken die Aufträge im November aus dem Inland um 5,17%, gleichzeitig stiegen aber die des Auslandes um 6,4%. (Statistisches Bundesamt - saisonbereinigt, Volumenveränderung gegenüber Oktober 2000). Die Unternehmen beurteilen die Lage überwiegend als gut. Laut einer Umfrage des IW-Halle gaben 77% aller befragten Betriebe positive Einschätzungen ab. Nur ganze 5% waren mit ihrer Situation nicht zufrieden (Wirtschaft im Wandel, 16/2000). Das ifo-Institut stellt eine leichte Eintrübung der Geschäftslage fest, bezeichnet sie aber immer noch als positiv. Die untersuchten Unternehmen erwägen sogar wieder Produktionssteigerungen, da sich die Auftragslage weiterhin verbessert (ifo-Monatsberichte, 11/2000).


Die Bauwirtschaft
"Die Bauindustrie liegt am Boden." Mit diesen Worten des Bauindustrie-Präsidenten Ignaz Walter lässt sich die Lage im 4. Quartal des Jahres 2000 treffend charakterisieren.

Bitte anklicken!
Wieder vermeldet das ostdeutsche Bauhauptgewerbe einen erneuten Tiefstand, wenngleich dieser auch zum Teil auf die Saison- und Witterungsbedingungen zurückzuführen ist. Die Bauproduktion ist in den ersten 3 Quartalen des vergangenen Jahres um gut 10% zurückgegangen. Dies blieb auch nicht ohne Auswirkungen auf die Umsätze und die Beschäftigtenzahlen. Die Umsätze sanken im Jahresdurchschnitt von 4,4 Mrd. DM in 1999 auf knapp 4 Mrd. DM im Jahr 2000. Damit ist der Rückgang im letzten Jahr fast doppelt so hoch als im Vorjahr. Auch der stetige Abwärtstrend der Arbeitnehmer am Bau setzt sich weiterhin fort. Im Oktober des Jahres 2000 war die Zahl der Beschäftigten auf 302.000 gesunken. Das entspricht einem Minus von 12,4% gegenüber dem Vorjahresmonat (Statistisches Bundesamt, 29.12.2000). Besonders dramatisch ist auch die Entwicklung der Auftragseingänge. Im Oktober 2000 betrug der Auftragsrückgang gegenüber dem Vorjahresmonat 13,2% (Statisti-sches Bundesamt, 29.12.2000). Als Gründe der Baukrise sind noch immer erhebliche Überkapazitäten sowie der zunehmende Preiskampf zu nennen. Während der öffentliche Bau unter den leeren Kassen der Kommunen leidet, wird der Wohnungsbau durch Leerstände und ungünstigere gesetzliche Vorgaben belastet. Weiterhin rückläufig gestaltet sich auch die private Baunachfrage. Trotz dessen ist die Talsohle noch immer nicht erreicht.


Angebotsseitige Faktoren
Die Lohn- und Gehaltsdifferenzen zwischen ost- und westdeutschen Arbeitnehmern im Produzierenden Gewerbe, Handel, Kredit- und Versicherungsgewerbe sind nach zehnjähriger Einheit immer noch existent. Während in den Neuen Bundesländern Arbeiter des Produzierenden Gewerbes 3.470 DM und Angestellte 5.052 DM verdie-nen, stehen in den Alten Bundesländern Angestellten 6.883 DM und Arbeitern 4.749 DM monatlich zur Verfügung. Im Handel, Kredit- und Versicherungsgewerbe beträgt der Angestelltenverdienst in den Neuen Ländern 3.955 DM und in den Alten Ländern 5.188 DM. (Statistisches Bundesamt, 28.12.00) Wann es letzten Endes zu einer Angleichung kommt, wird auch in den nächsten Jahren noch nicht zu beantworten sein. Eines der größten Reformprojekte der Bundesregierung, die Rentenreform, soll im Jahr 2001 realisiert werden. Das Für und Wider ist nach wie vor Grundlage heftiger Diskussionen. Die Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung berägt jetzt im Osten 7.300 DM (West: 8.700 DM) und liegt somit 200 DM über dem von 2000. Der Rentenbeitrag insgesamt sinkt auf 19,1%. Dies sind 0,2%-Punkte weniger als 2000. Für die Krankenversicherung gilt seit dem 1.1.2001 eine einheitliche Versicherungspflicht und Bemessungsgrenze. Sie liegt nun bei monatlich 6.525 DM. Dies bedeutet besonders für die "Besserverdienenden" im Osten eine Steigerung der Abgaben, aber auch eine Erhöhung der Personalzusatzkosten der ostdeutschen Unternehmen. Hiervon seien immerhin 500.000 ostdeutsche Krankenversicherte (Gesundheitsministerium) betroffen. Das gleiche gilt für die Pflegeversicherung.
Die Zinsen wurden im Berichtszeitraum nicht weiter erhöht. So liegt der Hauptrefinanzierungssatz weiterhin bei 4,75%. Die Zinssätze beim Tagesgeld blieben bei 5,75% bzw. 3,75%. Das Geldmengenwachstum lag im Dreimonatsdurchschnitt August bis Oktober bei 5,5%. Damit überschritt die Wachstumsrate den Referenzwert von 4,5% um einen Prozentpunkt. Gleichzeitig betonte die EZB, dass eine Verlangsamung des Wachstums zu verzeichnen sei. Die EZB kommt zu dem Schluss, dass hinsichtlich der monetär bedingten Aufwärtsrisiken weiterhin Vorsicht geboten ist (EZB-Bericht, 12/2000). Im vergangenen Quartal war jedoch in den USA eine Änderung hinsichtlich der künftigen Geldpolitik zu verzeichnen. Nachdem Fed-Chef Alain Greenspan im Dezember das Wort Rezession in den Mund nahm, geht weltweit die Angst vor einer sehr starken Abkühlung des Weltwir-schaftsklimas um. Daher wurden am Anfang diesen Jahres in Amerika gleich zweimal die Zinsen deutlich gesenkt. Jedoch ist diese Entwicklung nicht ganz überraschend, da der amerikanische Leitzins die Rendite der 30jährigen Bonds schon längere Zeit überstieg. Der Zins der US-Treasuries im Januar 2000 lag bei die 6,5% und die 10-jährigen Bundesanleihen bei 5,5%. Augenblicklich liegen beide Zinssätze um die 4,8% (Financial Times; 5.1.2001). Aus diesem Grund ist die zuletzt beobachtete Aufwertung des Euros nicht weiter verwunderlich. Für Europa sprechen ein stabiles Wirtschaftswachstum und höhere Zinsen.


 
 
 
 
[Seiten Anfang] [vorherige Seite] [Home] [Prognose] [Das Aktuelle Thema]

Herausgeber:

Mitarbeiter des Konjunkturteams "Altmark" der FH Magdeburg - Stendal:
Wruck, M.(Arbeitslosigkeit L+P); Gläser, T. (Bauwirtschaft L); Jacob, R.; Vorpahl, D. (VG P);
Brückmann, B. (Inflation L+P), König, A. ; Schleef, A. (VG L); Wedekind, A.(Löhne L+P); Patzig, W.(Wachstum L+P);
Brattan, M.(Zins L+P); Rosenow, A.(Bau P)
L = Lage und P= Prognose


Redaktion:

Bernd Bückmann und Wolfgang Patzig


Internet:

Antje Schleef und Andreas König
V.i.S.d.P.:
Prof. Dr. Wolfgang Patzig
Hochschule Magdeburg-Stendal(FH) / Stendal;
Am Dom 13, 39576 Stendal
Tel.: 03931 / 794704; Fax: 03931 / 794700
eMail: Wolfgang.Patzig@stendal.hs-magdeburg.de