Konjunkturteam "Altmark"
Bericht III/98 vom 15.Juli 1998


Bericht zur Konjunkturlage in den neuen Bundesländern:

Prognose:

Konjunkturindex des Konjunkturteams "Altmark": (Prognose 3. Quartal 1998)

Weiterhin Wachstumsschwäche im Osten

Tatsächliche und prognostizierte Werte des Indexes der Nettoproduktion in den neuen Bundesländern



Nachfrageseitige Faktoren
Obwohl die Indikatoren nach oben zeigen, bleiben Zweifel an der Entwicklung des Konsums in Ostdeutschland. Die verfügbaren Einkommen werden nicht gerade üppig steigen. Die Rentenerhöhung zum 1.7. wird durch die Anhebung der Krankenkassenbeiträge aufgezehrt (Altmark-Zeitung v. 4./5.7.98). Die Bruttolohn- und -gehaltssumme lag im April im Verarbeitenden Gewerbe um 1,1% und im Bauhauptgewerbe im März um etwa 18% unter dem Vorjahresniveau. 1997 war die nominellen Nettolohn und –gehaltssumme um 3,2% gesunken (BMWi Wirtschafts-Daten Neue Länder; Juni 1998). Wenn auch in den anderen Bereichen mit leichten Zuwächsen zu rechnen ist, wird im Durchschnitt Ostdeutschlands kaum mehr Geld für den Privaten Verbrauch zur Verfügung stehen.

Die hohen Kapazitätsauslastungen in der Industrie und ihre gefüllten Auftragsbücher veranlassen die Unternehmen, ihre noch 1997 teilweise gestreckt oder zurückgestellten Investitionen zu tätigen (IWH- Wirtschaft im Wandel 8/1998). Auch im kommenden Quartal wird seitens der Industrie weiter mit einer Erhöhung der Investitionen zu rechnen sein. Besonders positiv zu sehen ist, daß sich Investitionstätigkeiten mehr und mehr von Rationalisierungsinvestitionen hin zu Erweiterungsinvestitionen, bewegen (Bundesverband deutscher Banken/18.6.98). Besonders das ostdeutsche Investitionsgewerbe und die Vorleistungsgüterproduzenten werden von dieser Entwicklung profitieren (iwd 25.6.98// Handelsblatt 17.6// Süddeutsche 17.6).

Laut Volksstimme wurde staatlicherseits der Haushaltsentwurf des Bundes für 1999 und der neue Finanzplan bis 2002 fertiggestellt. Darin heißt es, daß die Ausgaben gegenüber 1998 um 0,4 Prozent auf 465,3 Milliarden DM steigen werden. Die Investitionen sinken um 0,6 Prozent. Da weiterhin eine hohe Ausgabenbelastung und geringere Privatisierungseinnahmen zu verzeichnen sein werden, wird die Nettokreditaufnahme nur leicht von 56,4 auf 56,2 Milliarden sinken. Ziel ist es, diese bis zum Jahr 2002 auf 45,3 Milliarden zu senken. In den neuen Bundesländern betragen die Ausgaben rund 95 Milliarden Mark. Dies ist vergleichbar mit dem Jahr 1998. Die vorläufige Planung ging davon aus, daß die Arbeitslosenzahl 1999 von momentan 4,31 Millionen nur leicht auf 4,125 Millionen zurückgeht.

Wir gehen davon aus, daß sich bei keiner gravierenden Änderung der derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, das heißt der US-amerikanische Dollar bewegt sich weiterhin zwischen 1,70 DM und 1,80 DM und bei stabil bleibenden Ostlöhnen, sich der positive Trend in der ostdeutschen Exportindustrie gegenüber den Altbundesländern fortsetzen wird. So lagen die Auftragseingänge aus dem Ausland im April/Mai um immerhin 6,3% über dem Vorjahresniveau (Deut. Bundesbank). Weiterhin dürfte sich der Lohnkostenvorteil halten. Nach Berechnungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft lagen die Industrie-Arbeitskosten im Westen bei knapp 48 DM pro Stunde, in Ostdeutschland bei knapp 33 DM (Volksstimme v. 8.7.98). Wenn die Produktivität auch in Ostdeutschland nicht so hoch wie im Westen ist, dürften die Lohnstückkosten in immer mehr Betrieben unter denen der westdeutschen liegen (s. auch Löhne). Somit prognostizieren wir ein weiteres Wachstum in der ostdeutschen Exportindustrie.

Die Bauwirtschaft
Zum Ende dieses Quartals scheint sich nun die Lage zu bessern, das Handelsblatt (24.06.98) spricht von einer erhöhten Bauproduktion und Geräteauslastung. So spricht gemäß der Befragung des IW Halle die Hälfte der Bauunternehmen Ostdeutschlands von positiven Aussichten bis zum Herbst (WirtschaftsWoche 9.7.98). Deshalb die Prognose: ein Anziehen der Bautätigkeit im nächsten halben Jahr sei zu erwarten. Für 1999 steht eine Besserung der Baukonjunktur bevor (Handelsblatt 24.06.98). Ganz anders jedoch noch die mittelfristigen Voraussagen von Regierung und Konjunkturexperten: Danach ist in den nächsten 2 Jahren mit einem Rückgang der Bauinvestitionen um 6,2% (Bauminister E. Oswald) zu rechnen [´98 um 4,3%; ´99 um 1,9%] (Süddt. Zeitung 17.05.98). Damit bleibt also weiterhin abzuwarten, wie sich die Konjunkturlage entwickeln wird.

Angebotsseitige Faktoren
Die Lohnentwicklung wird weiterhin durch die Lage auf dem Arbeitsmarkt und der Konjunktur geprägt werden. In diesem Zusammenhang gibt es Überlegungen, als Maßnahme eine stärkere Zurückhaltung bei der Lohnanpassung an das Westniveau heranzuziehen. Das IW Halle sieht diese Maßnahme als "Trumpfkarte" (Süddeutsche Zeitung 14.05.98).

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Das niedrigere Lohnniveau soll als Unterstützung für den ins Stocken geratenen Aufbau Ost genutzt werden. Dafür muß in den nächsten Jahren auf eine Anpassung an westdeutsches Tarifniveau verzichtet werden. Es bleibt abzuwarten, inwieweit diese Grundgedanken durchgesetzt werden und Wettbewerbsvorteile darstellen. Die angespannte Lage zeigt sich auch bei der Effektivlohnentwicklung: So zahlten 1997 in Westdeutschland 48,9% der Betriebe übertariflich, im Osten nur 16,8%. Im Schnitt zahlten die Betriebe sowohl in Ost- wie in Westdeutschland 11,4% über Tarif
(iwd, Nr. 26 v. 25.6.98). Von der sozialpolitischen Seite sind keine kurzfristigen Veränderungen zu erwarten.

Im Ausblick auf das nächste Quartal bliebe lediglich festzustellen, das eine Zinserhöhung in der BRD und den USA sehr unwahrscheinlich ist, trotz einer sehr festen Konjunktur in der USA und einer scheinbar anziehenden Konjunktur in Deutschland. Inflationsgefahren (vgl. Inflation) sind zwar binnenwirtschaftlich nicht auszumachen, was aber noch nicht allzuviel bedeuten mag, da außenwirtschaftliche Einflüsse dies schnell ändern können. Der designierte EZB-Chef Wim Duisenberg sieht Zinssenkungen im europäischen Maßstab in Richtung des deutschen und französischem Niveaus (HB 29./30.5.98). Mit Hinblick auf Asien, wo längst noch kein Ende der Krise auszumachen ist und wo wohl eher mit weiteren unerwarteten Entwicklungen zu rechnen ist, würde eine Zinserhöhung in der USA und auch in Deutschland eine Verschärfung der dortigen Währungs- und Finanzsituation bedeuten. In diesem Zusammenhang spricht der Bundesverband der Banken auch von einem "Kapitalmarkt in einem breiten Zinstal" (Mitteilung v. 18.6.98).



Aktualisierter Prognosespiegel für 1998 (Neue Bundesländer):

Bundesregierung: 2% Wachstum des realen BIP (Sozialpol. Umschau Nr 254 v. 8.6.98nach:
nicht mehr als 2% Wachstum des realen BIP (Südd. Zeitung v. 11.3.98)
DIHT:real etwa 2% Wirtschaftswachstum (Volksstimmev.26.02.98)
Interministerialer Arbeitskreis "Gesamtwirtschaftliche Vorausschätzung"
2,5% Wachstum des realen BIP (Wirtschaftsdaten Neue Länder 11/97 S.6)
IW (Köln): 2,3% Wachstum des realen BIP (Südd. Zeitung v. 28.11.1997)
ohne die Kriese in der Bauwirtschaft 5%

Sachverständigenrat: 2¼ % reales Wachstum (Jahresgutachten des SVR 1997/98 v. 15.11.97)

Die Forschungsinstitute:

Insgesamt: 1,9% reales Wirtschaftswachstum (Frühjahrsgutachten der Forschschungsinstitute 12.5.98) nach:
2,4% reales Wirtschaftswachstum
(Herbstgutachten der Forschungsinstitute, DIW Wochenbericht 44/97) und: 2,5% reales Wirtschaftswachstum für 1999(Frühjahrsgutachten der Forschungsinstitute 12.5.98)
DIW: 2,1% Witschaftswachstum (DIW Wochenbericht 27/98) nach:
2% Wirtschaftswachstum
(Handelsblatt von 19.2.1998,S.8) und:
2,2% Wirtschaftswachstum für 1999
(DIW Wochenbericht 27/98)

HWWA: 2,4% Wachstum des realen BIP (Volksstimme v. 18.12.97) nach:
3% Wachstum des realen BIP
(Handelsblatt v. 17.7.1997, S. 4)
IfW (Kiel): 1,6% Wachstum des realen BIP (Handelsblatt v. 30.6.1998)nach:
2,8% Wachstum des realen BIP
(Handelsblatt v. 21.7.1997)und:
2,3% Wachstum des realen BIP für 1999
Handelsblatt v. 30.6.1998)

IWH: 2,4 % Wachstum des BIP (Südd. Zeitung v. 22.12.97) nach:
2,8% Wachstum des BIP
(Handelsblatt v. 21.7.97)
RWI:2,75% Wachstum des realen BIP (Handelsblatt v.26.2.98)nach:
2,5% Wachstum des BIP
(Handelsblatt v.13./14.12.97)
für 1999 3,5% Wachstum des BIP für 1999
(Handelsblatt v. 26.2.1998) nach:
4% Wachstum des BIP
(Handelsblatt v. 13./14.12.97)

Die Banken:

Commerzbank: 2,8% Wachstum des realen BIP (Konjunkturtrend Februar 98)und:
2,8% Wachstum des realen BIP für 1999 nach:
3% Wachstum des realen BIP
(Konjunkturtrend 11/12.97 v. 18.11.97)
DB-Research:: 2% Wachstum für 1998 (Handelsblatt v.4.6.1998, S.6) und:
2,5% Wachstum für 1999

WestLB: 2,½% Wachstum des realen BIP (1.12.97 http://www.westlb.de)
und 3% Wachstum des realen BIP für 1999




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Herausgeber:

Mitarbeiter des Konjunkturteam "Altmark":
Brattan, M. (Zins); Markus, J. (Löhne); Brückmann, B. (Inflation); Jacob, R. (Export)
Klinger, D. (Investitionen); König, A.(Konsum); Vorpahl, D. (Staat)
Wruck, M. (Arbeitslosigkeit); Patzig, W.(Wachstum); Gläser,T. (Bauwirtschaft)

V.i.S.d.P.:

Prof. Dr. Wolfgang Patzig
Fachhochschule Magdeburg / Stendal; Fachhochschule Altmark i.G.,
Am Dom 13, 39576 Stendal
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